Kleve Geldfälscher-Prozess: Streit um Vertrauensperson

Vor dem Landgericht Kleve müssen sich am heutigen Mittwoch, 6. Juli, wieder vier mutmaßliche Geldfälscher verantworten. Im Folgenden lesen Sie eine Chronologie des zweiten Verhandlungstages.

 Vor dem Landgericht in Kleve müssen sich vier mutmaßliche Geldfälscher verantworten.

Vor dem Landgericht in Kleve müssen sich vier mutmaßliche Geldfälscher verantworten.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

+++ 10:08 Uhr: Richter Ruby beginnt den Tag damit, Briefe vorzulesen. Es geht darum, ob die zur Aufklärung des Verbrechens eingesetzte Vertrauensperson als Zeuge vernommen werden kann. Das nordrhein-westfälische Innenministerium lehnt dies in einem zehnseitigen Schreiben ab. Brisant: Darin wird aus den Ermittlungen zitiert, denen zufolge zwei Väter der Angeklagten der Mafia zuzuordnen seien und das Restaurant in Kleve nur die Fassade der illegalen Aktivitäten gewesen sei.

 Diente das Klever Restaurant "Il Nido" als Fassade illegaler Aktivitäten.

Diente das Klever Restaurant "Il Nido" als Fassade illegaler Aktivitäten.

Foto: G. Evers

+++ 10:28 Uhr: Der erste Rechtsanwalt verwahrt sich dagegen, dass diese Behauptungen in den Prozess eingeführt werden. Er fragt, warum die Vertrauensperson nicht komme. "Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass das eine oder andere vielleicht doch anders gewesen ist", sagt er.

+++ 10:34 Uhr: Rechtsanwalt Peter Lukassen springt seinem Kollegen zur Seite: "Das ist schon fast skandalös! Die Rechte der Verteidigung werden hier klar beschnitten."

+++ 10:40 Uhr: Oberstaatsanwalt Guido Schulz greift erstmals in das Geschehen ein: "Die Anklage steht und fällt doch nicht allein mit den Angaben der Vertrauensperson."

+++ 10:46 Uhr: Der erste Zeuge wird gerufen, der Führer der Vertrauensperson, ein Kriminalkommissar (50) aus Krefeld. Doch bevor er anfangen kann zu sprechen, gibt es Streit um die Sitzordnung. Zwei Verteidiger monieren, dass sie nicht das Gesicht des Zeugen sehen können. Der Zeuge rückt mit seinem Tisch ein Meter zurück. Zu wenig, findet der noch etwas weiter hinten sitzende Anwalt Nummer zwei, und erbittet einen förmlichen Beschluss.

+++ 11:22 Uhr: Richter Ruby verkündet eine zehnminütige Beratungspause.

+++ 11:32 Uhr: Beschluss: Die Sitzordnung bleibt. Der Zeuge redet. Er schildert, wie eine erste Vertrauensperson der Polizei durch Zufall davon erfahren hat, dass ein gewisser "Massimo" mit Falschgeld handele. Die Polizei identifiziert den Mann als den Wirt von "Il Nido" und setzt eine zweite Vertrauensperson auf ihn an. Diese erfährt von Finanzproblemen und wird von Massimo gefragt, ob Interesse an Falschgeld bestehe. Der Kommissar: "Das war für uns der Durchbruch."

+++ 11:38 Uhr: Die Vertrauensperson bekommt Muster gezeigt, der Deal wird eingefädelt, so der weitere Verlauf laut Aussage des Kommissars.

+++ 11:40 Uhr: Der Kommissar: "Wir arbeiten zuverlässig seit zwölf Jahren mit diesem Mann zusammen. Wir können uns hundertprozentig auf ihn verlassen."

+++ 11:52 Uhr: Laut der von dem Polizeibeamten wiedergegebenen Aussagen der Vertrauensperson wird der mitangeklagte Tino aufgrund seines familiären Hintergrundes als Chef angesehen: "Die anderen standen stramm, wenn der was sagte."

+++ 11:56 Uhr: Die Rechtsanwälte nehmen den Zeugen gemeinschaftlich in die Mangel und versuchen, Mini-Mini-Widersprüche in seiner Aussage nachzuweisen und diese in den Vordergrund zu rücken. Richter Ruby spielt mit den Enden seines Schnauzbartes. Fast könnte man vergessen, dass drei der vier Angeklagten mit einem Kofferraum voller Blüten ertappt worden sind.

+++ 13:05 Uhr: Mittagspause.

+++ 13:55 Uhr: Der zweite Zeuge, ein 26 Jahre alter Zollbeamter aus München, sagt aus. Er war dabei, als am 22. Oktober 2010 um 0:50 Uhr auf dem Parkplatz Fürholzen an der A 9 hinter München drei der vier Angeklagten aufgegriffen wurden. "Ich fragte die Herren, ob sie 10.000 Euro oder mehr Bargeld mit sich führen." Ordnungsgemäß deklariert das Trio das Echtgeld. Kein Wort zum Falschgeld. "Dann habe ich den Wagen durchsucht und unter der Rückbank 17 Päckchen mit Bargeld gefunden. Ich habe eins geöffnet, da waren 20-er Scheine drin, doch ich habe schon am Papier gemerkt, dass es sich um Blüten handelte." Dann noch ein wichtiger Hinweis: Am Tatort äußerte sich Tino L., er sagte laut Zeuge: "Das ist alles meins, die beiden anderen haben mit der Sache nichts zu tun."

+++ 14:05 Uhr: Ein zweiter Zollbeamter, der ebenfalls beim Zugriff mitwirkte, bestätigt die Aussagen seines Kollegen.

+++ 14:17 Uhr: Jetzt tritt ein Kriminalhauptkommissar (54) des bayerischen Landeskriminalamtes in den Zeugenstand. Er ist zuständig für Fälschungen und berichtet, dass es sich bei den sichergestellten Banknoten um europaweit auftretende Blüten handele. "Die Werkstatt befindet sich in Italien, vermutlich im Bereich von Neapel." Das nationale Analysezentrum der Bundesbank habe jede einzelne der gefälschten Noten untersucht, um sie zu klassifizieren.

+++ 14:45 Uhr: Richter Ruby holt einem großen Karton aus dem Nebenraum. Darin: die knapp 110.000 Euro Falschgeld, die vor neun Monaten in Süddeutschland bei den Angeklagten sichergestellt wurden. Mit Kennerblick beurteilt er die Zwanziger, Fünfziger und Hunderter, die ihm vorgelegt werden: "Das Hologramm kippt nicht, der Sicherheitsfaden ist nur sehr schwach angedeutet und aufgedruckt. Das ist nicht perfekt."

+++ 15:05 Uhr: Richter Ruby schließt die Verhandlung. Fortsetzung am 11. Juli um 10:00 Uhr.

(jul)
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