Kleve Ganztag: Bedarf steigt in Kleve weiter

Kleve · Angefangen hatte die Stadt mit zwei Grundschulen, die die Nachmittagsbetreuung anboten. Inzwischen gibt es den Offenen Ganztag an allen städtischen Primarschulen. Mehr als 600 Kinder werden nach dem Unterricht versorgt.

Mehr als 1600 Kinder besuchen in Kleve eine Grundschule. Davon werden fast ein Drittel auch am Nachmittag betreut - Mittagessen, Hausaufgaben, Sport. Damit liegt Kleve im Landesdurchschnitt. Seit Einführung des Ganztagsangebotes an den Grundschulen in Kleve vor fast zehn Jahren ist der Bedarf an Nachmittagsbetreuung deutlich gestiegen, weiß Annette Wier, Schul- und Kulturamtsleiterin der Kreisstadt. "Inzwischen gibt es das Angebot an allen sieben städtischen Grundschulen", sagt sie.

Aber: Es werden auch immer wieder Familien vertröstet, die eigentlich gerne ihr Kind am Nachmittag unterbringen würden. Wie viele es im Augenblick genau sind, das kann Wier nicht beziffern. Schließlich gebe es Eltern, die eine Tagesmutter oder einen Tagesvater beschäftigen, oder solche, die ihre Kinder privat betreuen lassen können - zum Beispiel von Oma und Opa oder Nachbarn. Wer Anspruch auf Offenen Ganztag hat, das entscheidet die jeweilige Schulleitung. "Die Kriterien machen wir nicht öffentlich, damit wir nicht darauf festgenagelt werden können", sagt Wier. Schließlich gebe es keine festgelegte Zahl an Plätzen, die in Kleve oder anderswo geschaffen werden müssen. Vor einigen Jahren noch ging die Bezirksregierung davon aus, dass etwa 25 Prozent der Grundschüler Nachmittagsbetreuung bräuchten. "Inzwischen bieten die meisten Kommunen für 35 bis 40 Prozent der Kinder Ganztag an", sagt Wier, die gerne für alle Kinder die Möglichkeit schaffen würde.

Solange die Stadt vom Land keine Zuschüsse bekommen würde, sei das aber nicht machbar. Ohnehin sollte das Ziel in Nordrhein-Westfalen nicht der Ausbau des Offenen Ganztags sein, "wir brauchen gebundene Grundschulen", fordert die Schul- und Kulturamtsleiterin. Betreuer würden durch Lehrer ersetzt, die viel mehr Möglichkeiten hätten, ihren Unterricht zu gestalten. "Dann gibt es zum Beispiel morgens mal eine Hausaufgabenstunde", sagt Wier. Und wenn die Kinder nach dem Mittagessen wieder fit seien, könnte der Lehrer noch eine Stunde Mathe machen.

Vergangenen Sommer stellte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einer Umfrage zur Situation der Beschäftigten an den offenen Ganztagsgrundschulen im Kreis Kleve fest, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. In der Studie wurde damals gefordert, dass "eine Ganztagsschule mehr sein muss als eine Halbtagsschule mit Nachmittagsbetreuung". Zu große Gruppen, Bezahlung ab 7,50 Euro pro Stunde, befristete Arbeitsverträge, keine Vollzeitbeschäftigung - nur einige Punkte, die bemängelt wurden. Geändert habe sich seitdem nicht viel, sagt Walter Seefluth von der GEW, nur der Mindestlohn werde jetzt ausgezahlt.

Trotz Kritik: In Zeiten klammer Kassen und verschuldeter Kommunen ist die gebundene Grundschule Wunschdenken. Schon der Offene Ganztag kostet die Stadt 330 Euro im Jahr für jedes Kind, aufs Jahr hochgerechnet muss Kleve fast 200 000 Euro bereitstellen. Dazu kommen noch die Elternbeiträge, die je nach Einkommen der Familie bis zu 100 Euro pro Monat betragen.

Eins sollten die Eltern allerdings nicht vergessen, meint Annette Wier: "Sie haben einen Erziehungsauftrag." Sie dürften nicht davon ausgehen, dass der Staat die Obhut übernehme, sobald ein Kind in der kita ist. Auch wenn das durch den Ausbau des Betreuungsangebots schon im Kindergartenalter manchmal suggeriert werde.

(RP)
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