Kleve Frührentner ersetzen Zivis

Kleve · Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Aussetzung der Wehrpflicht endet im Juni 2011 auch der Zivildienst. Soziale Einrichtungen im Kleverland trifft das hart. Sie müssen ihre Angebote einschränken.

Kleverland Sie kümmern sich um behinderte Menschen, helfen bei der Pflege von Senioren oder fahren Essen aus. Bundesweit sind knapp 57 700 Zivildienstleistende in sozialen Einrichtungen beschäftigt, davon 293 im Kreis Kleve. Doch spätestens zum Jahresende ist Schluss. Nach dem 30. Juni 2011 kann niemand mehr einberufen werden. Nur junge Männer, die vor diesem Datum den sechsmonatigen Dienst antreten, oder Zivis, die freiwillig eine Verlängerung beantragen, bleiben bis zum 31. Dezember.

Mehrbelastung für Pfleger

Die sozialen Dienste im Kleverland stehen nun vor großen Problemen: Sie müssen den Verlust ihrer Zivildienstleistenden kompensieren. "Das geht nur, wenn wir die Arbeit auf mehrere Köpfe verteilen", erklärt Franz Lück, Geschäftsführer beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), Kreisverband Kleve-Geldern. Derzeit beschäftigt das DRK 25 Zivis im Behinderten-Fahrdienst und in der Seniorenpflege. Zusätzlich wurden bereits jetzt Frührentner und geringfügig Beschäftigte auf 400-Euro-Basis eingestellt. Zum Vergleich: Ein Zivildienstler arbeitet Vollzeit, also 38,5 Stunden pro Woche. Aushilfen zwölf bis 15 Stunden. "Um 25 Vollzeitstellen auszugleichen, müssten wir 140 geringfügig Beschäftigte einstellen", rechnet Lück vor. "Wenn es uns nicht gelingt, den Verlust der Zivis aufzufangen, kann es sein, das wir unser Angebot einschränken müssen." Konkret bedeutet das, dass das Pflegepersonal unter Umständen keine Assistenz mehr erhält, zum Beispiel beim Heben übergewichtiger Menschen. Vor allem werden aber kleine Hilfen, etwa die spontane Erledigung von Einkäufen durch Zivis, in Zukunft wohl wegfallen, vermutet Franz Lück. Die finanzielle Mehrbelastung sei gering, da Zivis vom Staat subventioniert werden. Das Problem sieht Lück an anderer Stelle: "Der Verwaltungsaufwand wird höher. Wir müssen mehr Leute für die verschiedenen Aufgaben organisieren."

Ob der von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) geplante Bundesfreiwilligendienst (siehe Infokasten) kommt, und welche Impulse er bringt, ist unklar. "Das ist alles noch sehr vage. Wir wissen noch nicht, wie es weiter geht", sagt Eugen Furch, Zivildienstbeauftragter im Haus Freudenberg. Die Einrichtung beschäftigt momentan 42 Zivis in verschiedenen Bereichen. "Der Zivildienst war eine Möglichkeit, junge Männer für soziale Berufe zu begeistern", sagt Furch. Viele Ex-Zivis würden heute fest im Haus Freudenberg arbeiten. Auch Furch befürchtet Einschnitte, betont aber, dass keine Gruppen geschlossen würden. Die Qualität werde etwas nachlassen.

"Wir haben großartige junge Männer im Zivildienst kennengelernt", sagt der Geschäftsführer des Roten Kreuzes, Franz Lück. Die Arbeit habe viele soziale Kompetenz gelehrt und für ihr weiteres Leben geprägt. Anderen Heranwachsenden wird diese Erfahrung in Zukunft fehlen.

(RP)
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