Niederrhein Fritz Pleitgen: Von Meiderich in die Welt

Niederrhein · Der gebürtige Meidericher Fritz Pleitgen ist einer der bekanntesten deutschen Journalisten der Nachkriegsgeschichte. Zuletzt geriet er mit dem "Still-Leben A 40" und der Loveparade in die Schlagzeilen.

duisburg Das Attribut "gebürtiger Duisburger" ist neuerdings sein Markenzeichen. Immer, wenn der groß gewachsene Mann mit der sonoren Stimme in den vergangenen Wochen und Monaten in Duisburg öffentlich auftrat, begann er seine Worte mit "Sie wissen ja, ich bin ein gebürtiger Duisburger" — und das tat er recht häufig, denn im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres Ruhr. 2010 war Fritz Pleitgen recht häufig in der Stadt. Als Geschäftsführer der Ruhr.2010 stand der am 21. März 1938 in Duisburg-Meiderich geborene Pleitgen hier gleich mehrfach im Zentrum des Interesses.

Souveränität pur

Am 18. Juli sonnte sich der frühere WDR-Intendant beim "Still-Leben" auf der A 40 noch im Erfolg des Mega-Events, zu dem rund drei Millionen Besucher kamen, eine Woche später eilte er nach Bekanntwerden der schrecklichen Ereignisse bei der Loveparade nach Duisburg zurück, nachdem er sich zuvor am Mittag noch vom bis dato fröhlichen Treiben der Raver ein Bild gemacht hatte.

Als zweitgrößtes Event im Rahmen der Kulturhauptstadt geplant, ging Pleitgen nach dem Unglück eher auf Distanz: "Wir haben uns an der Loveparade selbst nicht beteiligt, weder finanziell noch organisatorisch." Allerdings fühle er sich selbst "mitverantwortlich", weil die Tragödie nun einmal bei einem Event der Kulturhauptstadt passierte. Auch die Geste, am Unglücksort einen Blumenstrauß niederzulegen, wirkte seltsam hilflos für einen Mann, der ansonsten stets Souveränität pur ausstrahlt. Eher kleinlaut gab er sich dann auch in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner". Sein Untertitel auf der Mattscheibe: "gebürtiger Duisburger".

Dabei war der Vollblutjournalist während seines Berufslebens mehr ein Weltbürger als ein Provinzler aus dem Duisburger Kleine-Leute-Stadtteil Meiderich. Schon mit 14 Jahren jobbte er als freier Mitarbeiter bei einer Zeitung in Bielefeld. Dort volontierte er auch Ende der 50-er Jahre, bevor er 1963 zum Westdeutschen Rundfunk nach Köln wechselte.

Es sollte der Beginn einer großen Journalisten-Karriere werden. Schon ein Jahr später begann der heute 72-Jährige mit seinen Korrespondenteneinsätzen im Ausland. Zunächst ging es um die Berichterstattung bei der EWG, dem EU-Vorläufer in Brüssel, sowie um Nato-Themen aus Paris. Dazu berichtete Pleitgen für den WDR vom Zypernkrieg und vom Sechs-Tage-Krieg im Nahen Osten.

Fall der Mauer

Der steile Aufstieg auf der Karriereleiter ging weiter: Von 1970 bis 1977 arbeitete Pleitgen als Korrespondent in Moskau, wo er als erster westlicher Journalist ein Interview mit Staatschef Leonid Breschnew führen durfte. Sein Bemühen um Unabhängigkeit zahlte sich auch auf den weiteren Stationen aus: Ost-Berlin, Washington und New York. In den 80-er Jahren hatte Pleitgen so schon die wichtigsten Korrespondentenstellen des WDR übernommen. 1988 wurde er schließlich Chefredakteur in Köln und begleitete den Zusammenbruch des Ostblocks und den Fall der Mauer. Mitte 1995 wurde Pleitgen als Nachfolger Friedrich Nowottnys neuer Intendant des WDR. Zwei Jahre, 2001 und 2002, war er zusätzlich ARD-Vorsitzender. Trotz der Ämter sah sich der Vater von vier Kindern immer auch als Journalist. Fast 300 Mal moderierte er den ARD-Presseclub. Der umtriebige Pleitgen kehrte nach dem Ende seines beruflichen Lebens zu seinen Wurzeln zurück. 2007 wurde er Geschäftsführer der Ruhr. 2010 und arbeitet seitdem wieder für das Ansehen der Ruhrgebietsregion.

Seine Beteuerung, dies sei für ihn eine Herzensangelegenheit, kann dem heute 72-Jährigen getrost abgenommen werden.

(RP)
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