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Sauberer Rhein Der Müllfischer

KALKAR-GRIETH · Seit vielen Jahren fängt Rudi Hell im Auftrag der Landesregierung mit seinem speziellen Boot Aale für die Wissenschaft. Nicht das einzige, das ihm ins Netz geht.

Fischfang für die Wissenschaft und Müll einsammeln
Foto: Markus van Offern (mvo)

Keinen einzigen Aal hat Rudi Hell an diesem Vormittag gefangen, weil kürzlich Vollmond war und die Aale das Licht scheuen. Ohne Beute blieb der letzte Griether Rheinfischer dennoch nicht. Neben einem Barsch und ein paar Krebsen ging ihm vor allem Müll ins Netz. Und darüber ist Hell froh, denn was er aus dem Strom zieht, kann das Gewässer schon mal nicht mehr belasten. Einen 50-Liter-Eimer randvoll mit zerrissenen Tüten und anderen problematischen Stoffen hat der Mann aus dem Netz geschüttelt. „Zwölf bis 15 Kubikmeter Plastik hole ich pro Saison aus dem Rhein“, sagt er.

Eigentlich ist es ja Rudi Hells Aufgabe, im Auftrag des Landes Aale zu fangen, die er an diverse Behörden und Forschungsstellen weitergibt, damit die aus den Tieren Rückschlüsse auf die Population und auf den Zustand des Gewässers ziehen. Das tut der fast 82-jährige, der sich in Seemanspulli, Weste, Gummistiefeln und Arbeitshose am wohlsten fühlt, regelmäßig seit vielen Jahren. Während es früher ein nicht gerade seltener Job in der Klever Niederung, in Kalkar oder Xanten war, Rheinfischer zu sein, ist Hell inzwischen der einzige, für den es um mehr als ein Hobby geht. Sein „Aalschokker“, der 200 Meter entfernt vom Anleger des Fährschiffs liegt, wird in seiner Bedeutung so hoch eingeschätzt, dass Hell demnächst Verstärkung bekommen soll. „Ich kriege vom Land einen zweiten Aalschokker hier hin gelegt, damit ich künftig auch Maifische, Lachse und Nordseeschnäpel liefern kann. Das muss ich aber nicht allein tun: Vier Studenten der Biologie sollen mit dem zweiten Boot arbeiten. Ich lerne die jungen Leute an, und wenn sie alles beherrschen, was sie können müssen, dann soll das Schiff auch mal in Emmerich, Dornick oder Rees liegen“, erzählt der Fischer.

Das bisherige wie auch das künftige Schiff liegen im Prinzip still. Der Griether Aalschokker ist nahe des Ufers im fließenden Wasser verankert, Hell zieht sich mit einem Seil, das zwischen dem großen und seinem kleinen Zubringer-Boot befestigt ist, zum Schokker hin. „Ich habe ein großes Netz, dessen eine Hälfte dank eines mit Eisen beschwerten Balkens bis auf den Boden sinkt; durch eine große Öffnung schwimmen die Aale in das Netz hinein, so dass ich sie aus der Reuse rausholen kann.“ Bis die Auftraggeber die Fische abholen, werden sie lebend in einem Behälter, der im Wasser bleibt, aufbewahrt. „Einige der Tiere bekommen einen Sender, damit man ihren weiteren Weg verfolgen kann. Sie werden in der Elbe ausgesetzt, von wo aus sie Richtung Golf von Mexiko wandern. Bekanntlich laichen sie in der Saragossasee.“ Die übrigen Aale werden intensiv wissenschaftlich untersucht. Und von Rudi Hell aufgegessen, der seine anscheinend unverwüstliche Gesundheit auf das lebenslange Verspeisen von Aal zurückführt. „Zweimal in der Woche kommt er auf den Tisch – als Suppe oder gebraten, manchmal auch geräuchert.“ Hinter seinem urigen Bart und unter der Fischermütze leuchten lebendige Augen in einem wettergegerbten Gesicht. Nichts gegen die Wissenschaft, aber angesichts dieses agilen Seniors kann man nur glauben, dass das Rheinwasser heute wieder in ziemlich gutem Zustand ist.

An diesem Tag will Hell aber gar nicht so viel von seinen Aalen erzählen, sondern lieber vom Müll. „Im Fernsehen sehen Sie jeden Tag, wie viel Plastik im Meer landet. Aber das ist im Rhein nicht anders. Alle 14 Tage leert Schönmackers den Container, den ich Tag für Tag mit dem Plastikmüll fülle, der hier an Kalkar vorüber schwimmt.“ Mit dem einen Aalschokker sperrt er elf Meter in der Breite ab, mit dem zweiten, der parallel abgelegt werden soll, werden es dann 22 Meter sein. „Das ist der Bereich nahe des Prallhangs, den die Aale entlang ziehen – ein Stück von der Fahrrinne entfernt natürlich, damit wir der Schifffahrt nicht in den Weg geraten.“ Und was da neben Fischen sonst so treibt – vorwiegend Müll – kann Hell dann entsorgen.

Gummistiefel liegen im Container, Dosen, Kanister, Plastiktüten und Folien in jedem Zustand, außerdem jede Menge Hundekot-Beutel. „An der Farbe kann ich zuordnen, wo die ins Wasser geworfen oder von der Böschung gespült wurden“, sagt der Fischer kopfschüttelnd. Köln, Düsseldorf, Krefeld, Rees – alle haben unterschiedlich farbige Kotbeutel, rote, blaue, grüne, orangefarbene. „Zurzeit haben wir ja extremes Niedrigwasser. Wenn demnächst der Pegel aber wieder steigt, nimmt das Wasser alles mit, was da zwischen den Steinen hängt“, weiß Hell, der versucht, zumindest in seinem Bereich alles aufzusammeln, was da nicht hin gehört. Sogar einen Kühlschrank, Fernseher, diverse Speiskübel und Kanister hat er schon geborgen. Immer von April bis Mitte Dezember liegen Hells Netze aus und behält er das Ufer im Blick. Wer den Einsatz des Ehrenamtlers wertschätzt, passt auf, dass kein Müll in die Natur gelangt. Auch keine Hundekot-Beutel.

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