Die Opa-Kolumne Lottas Zirkushund und Lillys Schal
Kleve · Die schulpflichtige Enkelin lernt Neues wegen der Corona-Pandemie meistens zu Hause. Bei ihrer noch nicht mal zwei Jahre alten Cousine geht es um den Satzbau.
Lottas erstes Schuljahr bestand fast ohne Ausnahme aus einem Homeoffice-Aufenthalt im Arbeitszimmer mit Videokonferenzen und Präsenzunterricht mit Frau Mama Studienrätin. Kaum eingeschult, hatte Corona sie schon wieder ausgeschult. Was Schule bedeutet, erfuhr sie nur in der kurzen (wärmeren) Zeit, als die Kinder mit Erlaubnis der Politik vor Ort lernen durften. Ein verlorenes Jahr für alle Erstklässler, die nach dem Sommer zum zweiten Mal von vorne anfangen müssen. Die fehlenden schulischen Gemeinschaftserlebnisse hat die Siebenjährige indes ausgeglichen: Zum einen schulte sie in stundenlangen Übungen ihren hübschen Australian Labradoodle namens Mogli um zum wahren Zirkushund, zum anderen machte ihr Englisch auf Distanz schon deshalb Spaß, weil ihre Frau Mutter das Fach lehrt. Wie gut sie zählen kann, hat Opa schon des öfteren erfahren, jetzt sind die Farben an der Reihe.
Des einen erste Fremdsprache ist des anderen Brabbelkonzert, denn in dem Maße, in dem Lotta die englische Aussprache erlernt, beginnt ihr 21 Monate junges Cousinchen Lilly damit, alle wie in einem Schwamm aufgesogenen Worte in einer ihr sinnvoll erscheinenden Reihenfolge aneinander zu hängen. Satzbau nennt man sowas später. Nach ihrem Oma-und-Opa-Tag labert sie ihre Frau Mama ohne Punkt und Komma mit den Erlebnissen bei den Großeltern voll, während sie im Bettchen liegt und einschlafen soll. „Opa hat Schal gessen!“, sagt sie grinsend. Mama lacht: „Warum hat Opa denn seinen Schal gegessen?“ Da wird Lilly todernst: „Nein, Opa Schal gessen!“ Die Frau Mutter stoppt und fragt lieber beim Opa nach: „Wieso hast du deinen Schal gegessen?“, prustet sie los. Der alte Herr stutzt, dann sagt er: „Wir waren spazieren, und da habe ich gesagt: Oh, der Opa hat seinen Schal vergessen!“ Nur ein paar Buchstaben, lernt sie bald.
Jürgen Loosen war Leitender Regionalredakteur der RP für den Niederrhein. An dieser Stelle berichtet er alle paar Wochen von seinem Opa-Leben im Ruhestand. Foto: MvO