Kopfschmerzen bei Kindern Wenn bei Kindern der Kopf drückt

Kreis Kleve · Kopfschmerzen sind auch bei Kindern ein großes Problem, zeigen Studien. Woran das liegt, was sie dagegen machen kann – und was für Folgen das haben kann.

Stress in der Schule kann bei Kindern zu Kopfschmerzen führen.

Stress in der Schule kann bei Kindern zu Kopfschmerzen führen.

Foto: Thomas Eisenhuth/dpa

Kopfschmerzen nerven. Sie stören die Konzentration, sie erschweren den Alltag. Sie tun manchmal einfach nur weh und manchmal sorgen sie dafür, dass man wirklich zu nichts mehr im Stande ist. Und sie sind eine Volkskrankheit: Nach einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2019 leiden ein Drittel aller Deutschen mindestens einmal im Monat an Kopfschmerzen. Und ein Viertel aller Befragten gab an, dass die Kopfschmerzen ihren Alltag negativ beeinflussen.

Diese Umfrage wurde bei Erwachsenen durchgeführt. Die Ursachen für die Schmerzen sind höchst unterschiedlich: Manche geben Stress als Ursache an, andere Flüssigkeitsmangel, wiederum andere nannten Smartphone- und Computernutzung als Grund für die pochenden Schläfen. Doch nicht nur Erwachsene können Kopfschmerzen bekommen und richtig darunter leiden. Auch Kinder sind davor nicht gefeit. Im Gegenteil, die Anzahl der Kinder, die von Kopfschmerzen betroffen sind, nahm in den vergangenen Jahren weiter zu.

Das sagt Alina Fraszczak. Sie ist Physiotherapeutin in der Praxis für Physiotherapie von Corinne van Houtert in Kevelaer – und hier vor allem für die Kinderphysiotherapie zuständig. Und sie sagt: „Ich habe in den vergangenen Jahren gemerkt, dass immer Kinder wegen Kopfschmerzen zu uns in die Praxis kommen.

Alina Fraszczak behandelt die Kopfschmerzen, sie diagnostiziert sie nicht. Trotzdem hat sie Thesen, warum sie auch bei Schulkindern in den vergangenen Jahren vermehrt auftreten. „Ganz viel ist auf den Bewegungsmangel zurückzuführen“, sagt sie. Wenn Kinder sich zu wenig bewegen, könne das dazu führen, dass sie an Kopfschmerzen leiden. Schon im Jahr 2010 konnte eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München einen Zusammenhang zwischen Kopfschmerzen und mangelnder Bewegung herstellen. Und gerade Schulkinder würden sich oft immer weniger bewegen, sagt Physiotherapeutin Fraszczak. Das wiederum habe mehrere Gründe: „Der Ganztagsunterricht ist viel mehr geworden“, sagt sie. Kinder würden immer öfter länger in der Schule sitzen, damit weniger Zeit für Bewegung haben und hätten somit ein höheres Risiko, an Kopfschmerzen zu leiden. 

Bei ihrer Tochter fingen die Kopfschmerzen an, als sie in die erste Klasse kam, erzählt Nadine Kelch* aus Geldern. „Unser Schulsystem ist auf Kinder, die nicht gut mitkommen, nicht ausgelegt“, sagt Kelch. Noch bevor ihre Tochter die ersten Buchstaben wirklich konnte, musste sie ganze Sätze schreiben. Sie kam nicht mit. Und das sorgte bei ihr für Stress – und letztlich für psychosomatische Kopfschmerzen, ist Nadine Kelch überzeugt. Mitte der ersten Klasse habe ihre Tochter das erste Mal über Kopfschmerzen geklagt. Damals seien sie alle 14 Tage mal vorgekommen. Inzwischen ist das Kind in der dritten Klasse – und die Kopfschmerzen kommen mindestens zwei Mal die Woche, sagt Kelch. Und es seien nicht einfach nur pochenende Schläfen, die ihre Tochter plagen. „Das endet oft in Erbrechen, in wirklich starken Schmerzen“, sagt Kelch. Sie habe mehrere Kinderärzte abgeklappert, immer wieder habe es geheißen: Ihre Tochter hat einen Infekt. Doch wirklich etwas festgestellt werden konnte nie. Kelch ist überzeugt: Es ist der Stress in der Schule, der für die Kopfschmerzen bei ihrem achtjährigen Kind sorgt.

Tatsächlich stützen Studien die Annahme von Physiotherapeutin Fraszczak: Kopfschmerzen bei Kindern sind ein großes Thema. Nach einer Studie der Universität Göttingen haben zehn Prozent der Kinder im Alter von acht Jahren regelmäßig Kopfschmerzen. Bei den Zwölfjährigen litten 18,5 Prozent der Kinder regelmäßig daran. Studien aus Leipzig, aus München und aus anderen Ländern bestätigen das: Kopfschmerzen bei Schulkindern sind ein großes Problem. „Im Kindergarten bewegt man sich viel, rennt herum. Und in der Schule kommt man dann oft von Hundert auf fast Null“, sagt die Gelderner Mutter Nadine Kelch.

Der Bewegungsmangel, den Alina Fraszczak als einen Grund für Kopfschmerzen ausgemacht hat, rührt nicht nur daher, dass Ganztagsunterricht einen größeren Raum einnimmt. Sondern auch Corona spielt da eine Rolle, sagt Fraszczak. Während der Pandemie haben sich die Kinder wenig bewegt, Sportvereine waren geschlossen. Auch das wirke noch nach.

Und dann sei da noch der Medienkonsum, vor allem das Smartphone: „Kinder schauen in der Schule schon den halben Tag nach unten. Und danach schauen sie auf ihr Handy“, sagt Fraszczak. Das sei nicht gesund und könne für Spannungskopfschmerzen sorgen.

Die Therapie, vor allem für Spannungskopfschmerzen, lautet also: Bewegung, Bewegung, Bewegung. Das macht Fraszcak auch mit den Kindern bei der Physiotherapie – und konnte so schon einigen helfen, sagt sie. Das wollte sie Eltern auch bei einem Kursus im Familienzentrum des Franziskus-Kindergarten in Weeze näherbringen. Wegen zu wenigen Anmeldungen fand der erste Kurs jedoch nicht statt.

Nadine Kelch sagt, ihrer Tocher helfe vor allem eines: Ruhe. „Wenn sie mal einige Wochen Ferien hat, dann ist sie wieder das Kind, das ich kenne.“

*Name geändert

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