Die Frauen-Kolumne Selbstsicher Grenzen setzen

Goch · Frauen, die ihre Grenzen kennen und sie ernst nehmen, können Übergriffen besser vorbeugen, meint unsere Kolumnistin. Ein guter Indikator sei das Bauchgefühl.

Laura Zwar arbeitet bei der Frauenberatungsstelle Impuls in Goch.

Laura Zwar arbeitet bei der Frauenberatungsstelle Impuls in Goch.

Foto: Laura Zwar

Am 8. März war Weltfrauentag – ein Tag, an dem es um die Rechte und die Stärkung der Frau geht. Zur Stärkung der Frau bietet die Frauenberatungsstelle Impuls ein Selbstsicherheitstraining an. Aber was genau bedeutet Selbstsicherheit und wozu ist sie gut? Natürlich sind auch Abwehrtechniken Teil des Trainings. Doch beginnt selbstsicheres Verhalten schon viel früher.

Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu erlangen, was eine Frau tun kann, um das Risiko eines Übergriffs zu minimieren. Es erfordert ein selbstsicheres Auftreten, denn es ist erwiesen, dass der Täter ein Opfer sucht und keinen Gegner. In den meisten Fällen ist es nämlich nicht die leicht bekleidete Frau, die selbstbewusst das Tanzbein schwingt und scharenweise Männer um sich herum versammelt, die zum Opfer wird, sondern die schüchterne „graue Maus“, die zu Boden blickend in der Ecke steht.

Selbstsicherheit zu erlernen, ist die Grundlage des Trainings, denn jegliche Technik zur Verteidigung kann nicht wirken, wenn die Grundhaltung fehlt. Eine Haltung, die besagt: „Ich bin stark genug und kann mich wehren!“ Denn es ist ein Vorurteil, dass Frauen zu schwach sind, um sich zur Wehr zu setzen. Untersuchungen haben ergeben, dass durch psychologische Vorbereitung und Stabilisierung eine Frau, der die Techniken der Selbstverteidigung vertraut sind, eine Gewalttat verhindert werden kann.

Die meisten Vergewaltigungen finden im häuslichen Rahmen statt, zum Beispiel durch den Ehemann, den Partner, andere Familienmitglieder – folglich selten impulsiv auf dunkler Straße. Die Gewalttaten bahnen sich häufig an. Daher ist es wichtig, frühzeitig zu intervenieren und eine Grenze zu setzen. Das fällt vielen Frauen schwer. Warum?  

Um eine Grenze ziehen zu können, muss ich mir meiner Grenzen bewusst werden. Dies geschieht durch ein erstes Bauchgefühl. Jemand steht zu nah bei uns oder hat etwas gesagt, was uns getroffen hat, aber wir können es noch nicht richtig einordnen. Da ist nur so ein komisches Gefühl, das uns sagt: „Da stimmt was nicht.“ Dieses Gefühl ist meist ein Hinweis auf eine Grenzüberschreitung. Der nächste Schritt ist herauszufinden, was dieses Bauchgefühl ausgelöst hat. Der Fremde an der Bahn steht zu nah bei mir. Der Ehemann fordert vehement Intimität ein. Der Nachbar legt nach einem netten Gespräch plötzlich die Hand auf meine Schulter. Der Arbeitskollege lässt am Kopierer einen sexuell anzüglichen Kommentar los. Oft spielen noch andere gesellschaftliche beziehungsweise erzieherische Faktoren eine Rolle, die mit Leitsätzen einhergehen wie „Die Frau muss zurückhaltend, höflich, angepasst und freundlich sein“. Das wiederum führt zu einer Bewertung unserer Gefühle.

Ein Beispiel: Da steht plötzlich der 20 Jahre ältere Mann an der Bushaltestelle und sagt, ohne vorher ein Wort mit dir gewechselt zu haben, wie hübsch du seist. Obwohl du eine deutliche Aversion verspürst, denkst du zugleich: „Er hat mir ja nur ein Kompliment gemacht. Da kann ich ihm doch nicht sagen, er soll mich in Ruhe lassen. Das ist doch unangemessen.“ Doch Gefühle sind nicht bewertbar, sie sind existent und müssen ernst genommen werden. Ich kann mich freundlich, aber bestimmt für das Kompliment bedanken und dann den Hinweis geben, in Ruhe gelassen werden zu wollen. Denn am Ende gibt mir das Gefühl den richtigen Impuls: „So will ich das nicht.“  

Wer seine Grenze kennt und sie ernst nimmt, kann diese auch deutlich setzen und möglichen Übergriffen vorbeugen. Daher liebe Frauen, hört auf euer Bauchgefühl. Nehmt eure eigenen Grenzen wahr und traut euch, diese deutlich zu zeigen!

Laura Zwar arbeitet als Diplom-Pädagogin und systemische Familientherapeutin bei der Frauenberatungsstelle Impuls im Kreis Kleve. Foto: Zwar

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