Die Lehrer-Kolumne Wir Lehrer machen einen Spagat

Ewald Hülk ist Studiendirektor am Berufskolleg Liebfrauenschule in Geldern. In seiner Kolumne schreibt er über sein Leben als Lehrer und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schulbetrieb.

 Ewald Hülk unterrichtet als Studiendirektor die Fächer Französisch und Biologie am Berufskolleg Liebfrauenschule in Geldern.

Ewald Hülk unterrichtet als Studiendirektor die Fächer Französisch und Biologie am Berufskolleg Liebfrauenschule in Geldern.

Foto: Ewald Hülk

Als ich noch Schüler war, gehörte Sport zu meinen Lieblingsfächern. Was ich aber überhaupt nicht mochte, war Turnen. Reck und Ringe – nichts für mich! Bewundert habe ich die Schülerinnen, die einen Spagat vorführten. Ich habe das nie gekonnt.

Heutzutage muss ich aber den Spagat beherrschen – im übertragenen Sinne. Einerseits ist es in Zeiten, in denen die sozialen Kontakte heruntergefahren werden, ein Privileg, mit Menschen (Kollegen wie Schülern) zusammen sein zu dürfen, mit ihnen zu reden, an ihrem Leben Teil zu haben. Andererseits begleitet jeden von uns dabei das ungute Gefühl, Kontakt zu haben zu Hunderten von Schülern, die in überfüllten Bussen und Bahnen zur Schule kommen. Es ist ein Spagat zwischen unterrichten wollen und der Sorge, sich anzustecken.

Wir Lehrerinnen und Lehrer nehmen uns aber in die Pflicht, damit Schule in diesen Wochen und Monaten funktioniert. Der Krankenstand meiner Kollegen ist wie immer niedrig. Und das Schöne: Bei allem ziehen unsere Schüler mit. Kleingeistige Corona-Leugner oder solche, die nur widerwillig die Maßnahmen mitmachen, gibt es bei uns nicht. In meiner Anwesenheit wurde auch an den kälteren Tagen beim Stoßlüften oder auch bei Durchzug nie gemurrt. Eher war das Gegenteil der Fall: „Herr Hülk, wir müssen mal wieder lüften!“, hieß es dann, wenn ich das im Eifer des Unterrichtens vergessen habe.

Trotz aller von oben angeordneten Maßnahmen bin ich dennoch froh, Lehrer zu sein – und nicht Politiker. Wenn schon die Vertreter der Lehrer- und Elternverbände sich nicht einig sind, wie Schulleben zu Corona-Zeiten gelingen soll und welche Maßnahmen die geeignetsten sind (mit oder ohne Home-Schooling, mit ganzen oder halben Klassen, mit Stoßlüftung oder mit Lüftungsanlagen, die der Markt sowieso nicht hergibt) – wie sollen es dann die Politiker wissen? Seien wir doch ehrlich: Wer will in heutiger Zeit denn guten Gewissens Entscheidungen treffen, die das Ausmaß der Corona-Pandemie minimieren? Ich könnte das nicht!

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