Kolumne „Der Kinderarzt“ Impfen – ja bitte!

Niederrhein · Für Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen wollen, hat Wolfgang Brüninghaus, Kinderarzt aus Kleve, kein Verständnis. Seiner Meinung nach haben sie nicht verstanden, wie eine Entscheidung für oder gegen eine Impfung gefällt werden sollte.

 Dr. Wolfgang Brüninghaus, Kinder- und Jugendarzt aus Kleve

Dr. Wolfgang Brüninghaus, Kinder- und Jugendarzt aus Kleve

Foto: Brüninghaus

In meinen 33 Jahren als niedergelassener Kinderarzt wollten etwa zehn Eltern ihr Kind nicht impfen lassen. Dabei zeigte ihre Aussage „Wir sind gegen Impfungen“, dass sie überhaupt nicht verstanden hatten, wie eine Entscheidung für oder gegen eine Impfung zustande kommt. Denn die ist für jeden Patienten und jede Impfung einzeln abzuwägen. So werde ich einem Wanderer durch den Reichswald sicher keine Tollwutimpfung empfehlen, reist er aber mit dem Rucksack durch Südamerika, wäre die Impfung wegen der vielen streunenden Hunde dort eine wichtige Vorsichtsmaßnahme.

Eine Impfung ist aus naturwissenschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll, wenn das Risiko der Erkrankung für den Patienten größer ist als das Risiko von Impfreaktionen. Damit hängt die Beurteilung wesentlich von der Häufigkeit und Gefährlichkeit der Erkrankung ab. Ändert sich bei diesen Kriterien etwas, dann muss auch die Impfindikation neu bewertet werden. So ist die Tuberkulose in Deutschland schon vor Jahren so selten geworden, dass das Risiko zu erkranken für die Patienten geringer wurde als das Nebenwirkungsrisiko der Impfung. Folgerichtig wird seither nicht mehr geimpft.

Wer sich bei den vielen Informationen im Internet hilflos vorkommt, kann prüfen, ob die Information einseitig ist (also nur die Impferfolge oder nur die Komplikationen aufgeführt werden) – dann ist auf jeden Fall Vorsicht geboten. Zu einer korrekten Entscheidung gehört immer die Gegenüberstellung von Nutzen und Risiko. Für alle sogenannten öffentlich empfohlenen Impfungen gilt, dass das Erkrankungsrisiko für jedes Kind um mehr als das Tausendfache höher ist als das Impfrisiko. Nur deshalb gehören diese Impfungen zum Standard für eine verantwortungsbewusste Gesundheitsvorsorge.

Schade, dass es immer noch Kindergärten und Schulen gibt, die zwar Kinder aus Angst vor Ansteckung nach Hause schicken, wenn sie einmal erbrochen oder Durchfall haben, aber sie problemlos aufnehmen, auch wenn wichtige Impfungen fehlen. Obwohl Masern viel ansteckender und gefährlicher sind als Brechdurchfall.

Dr. Wolfgang Brüninghaus, Kinder- und Jugendarzt aus Kleve, schreibt an dieser Stelle alle paar Wochen von seinem Beruf. Foto: Brüninghaus

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