Die Familien-Kolumne Ich habe entschieden, glücklich zu sein

Goch · Die Pandemie hat unseren Blick auf die Welt verändert – auf die, die uns umgibt, aber genauso auf unsere private. Corona stellt alles infrage.

 Laura Zwar denkt über das wahre Glück nach.

Laura Zwar denkt über das wahre Glück nach.

Foto: Laura Zwar

Was macht mich glücklich? Eine Frage, die zu Pandemiezeiten vielleicht noch mal eine andere Bedeutung bekommt. Da hatte die Frau ihren geregelten Alltag, alles lief nach Plan. Die Schule wurde beendet, ein beruflicher Weg wurde beschritten, und dann kam der Mann, der perfekt in das Leben und die derzeitige Situation passte. Es wurde viel gereist, viel durchlebt, positiv als auch negativ – das hat die Beziehung gestärkt. Dann kamen die Hochzeit im festlichen Kleid und ein gemeinsames Kind. Schließlich war der Alltag da: Arbeit, Familie, vielleicht ein Hobby. So hatte sie sich das Leben vorgestellt. Jetzt muss ich doch zufrieden und glücklich sein, oder? Mit dieser Frage kann sie sich aber gar nicht auseinandersetzen, weil sie ja ausgiebig mit der Erfüllung ihres Alltags beschäftigt ist.

Und plötzlich platzt eine weltweite Pandemie herein und stellt das Leben auf den Kopf.

Viele Frauen, die in meine Beratung kommen, sind seit Beginn der Pandemie irritiert. Nicht der Pandemie wegen, sondern weil plötzlich Gefühle da sind, die ihnen nicht vertraut sind: „Ich weiß nicht, ob ich meinen Mann noch liebe“ oder „Ich wollte doch immer Kinder, und jetzt merke ich immer mehr, dass ich lieber ein unabhängiges Leben führen möchte“ oder „Eigentlich war ich mit meiner Arbeit immer zufrieden, aber ich merke, dass sie mich doch nicht erfüllt“. Gefühle der Unzufriedenheit, der Langeweile, von dem Drang nach etwas Anderem, nach etwas Neuem. Der Plan vom Leben ist durcheinandergeraten, und plötzlich fragen sich die Frauen: „Bin ich eigentlich glücklich?“ Plötzlich scheint das Glück nur eine Illusion zu sein, die emotional nicht spürbar ist. Und sogleich erfolgt die Bewertung: Ich darf mich doch nicht beschweren. Mir geht es doch gut. Ich habe doch alles, was ich wollte. Was brauche ich denn noch, um ein Leben voller Glückseligkeit zu spüren?

Wer gibt denn vor, wo das Glücklichsein beginnt und wo es endet?

Eine Frau, die mehrmals die Beratung aufsuchte, wirkte beim ersten Termin sehr bedrückt und unglücklich. Zum letzten Termin erschien sie viel gelöster, und ihre Worte klingen noch nach: „Ich habe mich dazu entschieden, glücklich zu sein. Das war, glaube ich, die bisher beste Entscheidung meines Lebens.“

Vielleicht fragte sich schon mal die eine oder andere Frau, warum sich nach dem Finden eines vierblättrigen Kleeblattes kein Glück eingestellt hat. Warum sich nichts änderte.

Das Glücklichsein ist davon abhängig, wie wir es betrachten, nicht von äußeren Faktoren oder den Vorstellungen darüber, was wir brauchen, um glücklich zu sein.

Es ist die Entscheidung. Die Entscheidung für das Glück. Das Glück zu sehen, es anzunehmen und zu spüren.

Laura Zwar arbeitet als Diplom-Pädagogin und systemische Familientherapeutin bei der Frauenberatungsstelle IMPULS im Kreis Kleve. Foto: Laura Zwar

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