Europawahl 2019 Der Kreis Kleve ist grüner als je zuvor

Kreis Kleve · Die CDU mag vom Wahlgewinn zwischen Emmerich und Wachtendonk nicht sprechen, denn sie hat sehr stark verloren. Die SPD muss sogar damit umgehen, nur noch drittstärkste Partei zu sein. AfD schwächer als im Bund.

 Am Kreisverkehr nahe des Rilano-Hotels und an vielen anderen Orten riefen Plakate zur Wahl auf. Fast 60,4 Prozent der Berechtigten ließen sich motivieren – was vermutlich nicht nur auf die Werbung zurückzuführen ist.

Am Kreisverkehr nahe des Rilano-Hotels und an vielen anderen Orten riefen Plakate zur Wahl auf. Fast 60,4 Prozent der Berechtigten ließen sich motivieren – was vermutlich nicht nur auf die Werbung zurückzuführen ist.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Grafwegen, Kranenburgs kleinster Ortsteil, ist um 18.15 Uhr ausgezählt: 13 von 17 Wahlberechtigten haben ihre Stimme abgegeben, knapp die Hälfte unterstützte die CDU, drei die SPD, je zwei machten ihr Kreuzchen bei Grünen und AfD. 13 Leute sind aber nicht repräsentativ; schon in Kevelaers sehr ländlichem Wahlbezirk Achterhoek sieht die Prognose recht anders aus: Die Grünen sind dort knapp viermal so stark wie die AfD, SPD und FDP gleichauf. Heißt aber alles nichts, abwarten.

Klar scheint zu sein: Die CDU ist  vorn, die Grünen haben einen großen Sprung gemacht, die SPD fährt Riesenverluste ein. Vor dem Wochenende hatte Kleves gesamte Ratsmannschaft an die Wähler appelliert, an die Urnen zu gehen und trotz verschiedener Überzeugungen für gemeinsame Werte zu streiten. „Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Frieden“ beträfen alle – Themen, die diesmal wohl eher mit den Grünen als mit der SPD verbunden wurden. „An den Grünen kam diesmal keiner vorbei, auch wir natürlich nicht“, konstatiert später Liberalen-Chef Ralf Klapdor.

Und die CDU? „Sieger“ mit 28 Prozent? Im Kreis Kleve wurden es immerhin fast 36 Prozent gegenüber 45,7 Prozent vor fünf Jahren. Für Stefan Rouenhoff, den CDU-Bundestagsabgeordneten des Kreises, ist das eine Niederlage. „Das Ergebnis kann uns nicht zufriedenstellen. Wir müssen unser Profil bei den modernen Themen schärfen. Und den Wählern zeigen, dass uns die Bewahrung der Schöpfung wichtig ist.“ Klimaschutz und Digitalisierung seien die Themen, für die man sich heute mit Nachdruck einsetzen müsse, um vor allem die jüngeren Menschen zu erreichen.

Sehr glücklich klang Bruno Jöbkes, der Sprecher der Kreis-Grünen. In allen Kommunen mehr als 20 Prozent, fast überall stärker als die SPD – „das ist sehr, sehr schön. Und am allerschönsten ist, dass es im Kreis Kleve für die Rechten keinen Durchmarsch gab.“ Bei 6,4 Prozent pendelte sich die AfD, die übrigens für die Rheinische Post nicht zu erreichen war, ein. Bundesweit fuhr die Partei 10,8 Prozent ein. Jöbkes erklärte, dass er schon im Wahlkampf viel mehr Zuspruch der Bürger erfahren habe als früher. „Es gab vor allem gar keine Anfeindungen mehr.“ Greta Thunbergs Jugendbewegung hat offenbar das grüne Gewissen vieler Menschen angesprochen. Bei der SPD klingt die Erkenntnis ganz ähnlich. Kreisparteichef Norbert Killewald:  „Wir sind nicht für unsere soziale Kompetenz gewählt worden und konnten nicht glaubhaft machen, dass wir auch für den Klimaschutz stehen. Die SPD hat kein personelles, sondern ein inhaltliches und ein Vermittlungsproblem.“ Die Sozialdemokraten, die mit 17 Prozent ein „katastrophales Ergebnis“ eingefahren hätten, müssen sich eingestehen, dass ein wesentliches Thema nicht mit ihr in Verbindung gebracht werde – mit der CDU im übrigen auch nicht.

Die kann im Kreis Kleve immerhin von sich sagen, deutlich besser abgeschnitten zu haben als im Bund (35,7 gegenüber 28 Prozent). Was den Kreisvorsitzenden Günther Bergmann jedoch nicht beruhigt. Soziale Medien ernster nehmen und schneller auf aktuelle Themen, auch wenn sie nicht bequem sind, reagieren, das ist seine Lehre aus dem Desaster.

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