Kleve Erster Rückschlag für Windkraft im Wald

Kranenburg · Der Plan der Firma Abo Wind, noch in diesem Jahr die Genehmigung für den Bau von zwölf Windkraftanlagen im Reichswald zu erhalten, ist gescheitert. Die Folge: enorme finanzielle Einbußen. Abo-Wind-Planungsleiter Georg von Aretin im Interview.

Plant Windparks: Georg von Aretin, Abo Wind (Wiesbaden).

Foto: Abo Wind

Der Projektentwickler Abo Wind muss neu kalkulieren: Das Wiesbadener Unternehmen will zwölf Windräder entlang des Kartenspielerwegs im Reichswald aufstellen lassen. Die Baugenehmigung dafür sollte noch in diesem Jahr erteilt werden. Das Ziel hat das Unternehmen jetzt begraben. Das bedeutet, die Wirtschaftlichkeit des Projekts sinkt spürbar. Für alle Windkraftanlagen, die noch 2016 genehmigt werden, gilt eine garantierte Einspeisevergütung von Strom aus erneuerbaren Quellen. Ab dem kommenden Jahr wird das System der starren Vergütung auf Ausschreibungen umgestellt. Der Markt bestimmt den Preis. Über die neue Situation unterhielt sich RP-Redakteur Peter Janssen mit dem Abo-Wind-Planungsleiter Georg von Aretin.

Wie bewerten Sie den aktuellen Stand des Projekts?

Bauplatz einer Anlage im Windpark Ebnat-Ochsenberg (Baden-Württemberg). Die Höhe der hier geplanten Windräder entspricht denen, die bald im Reichswald stehen sollen.

Foto: BI-Windenergie Ochsenberg

Georg von Aretin Mit den Ergebnissen der Gutachten und Untersuchungen sind wir sehr zufrieden. Auch die Zusammenarbeit mit unserem Partner, der Gemeinde Kranenburg, ist hervorragend. Nicht erfreulich ist der zeitliche Ablauf des Verfahrens.

Der Kreis Kleve als Genehmigungsbehörde hat erklärt, dass man derzeit noch dabei sei, den emissionsschutzrechtlichen Antrag auf Vollständigkeit zu prüfen. Erst im Anschluss werden die Träger der öffentlichen Belange damit beginnen, ihre Stellungnahme zu formulieren. Das kann sich doch problemlos bis 2017 hinziehen?

Von Aretin In der Tat. Wir sind nicht blauäugig. Wenn der Kreis Kleve die Zeit benötigt, um den Antrag ausreichend zu prüfen, dann ist das eben so. Auch wenn man das nicht in allen Punkten nachvollziehen kann. Solange die Prüfung andauert, geht es nicht weiter. Wir rechnen jetzt damit, dass die Genehmigung im kommenden Jahr erteilt wird.

Durch die veränderte Einspeisevergütung ab 2017 wird sich die Gewinnsituation verschlechtern. Ist der Windpark dann noch rentabel?

Von Aretin Ja. Wir haben eingeplant, dass wir die Genehmigung nicht mehr in diesem Jahr erhalten. Ein Grund, warum wir dennoch weiter an dem Projekt festhalten, ist, dass das Windaufkommen im Reichswald sehr hoch ist. Das haben unsere Messungen ergeben. Deswegen wird sich der Bau des Windparks auch dann lohnen, wenn sich die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern.

Muss das Vorhaben neu bewertet werden, wenn statt der vorgesehenen zwölf Anlagen vielleicht nur die Hälfte gebaut werden darf?

Von Aretin Diese Situation spielt in unseren Planungen derzeit keine Rolle. Wir sind davon überzeugt, dass sich der Standort hervorragend eignet, um mit zwölf Anlagen umweltfreundlichen Strom zu produzieren.

Abo Wind hat im rheinland-pfälzischen Klosterkumbd einen Windpark errichtet, der mittlerweile als unrentabel gilt. Kann man dieses Szenario für Kranenburg ausschließen?

Von Aretin Es stimmt, Klosterkumbd läuft suboptimal. Hier lag eine deutliche Überschätzung des Windaufkommens vor. Zur Planungszeit wurden branchenweit Winddaten aus früheren Perioden überbewertet und führten so zu einem Fehler in den Windgutachten. Diese Bewertungspraxis wurde bereits im Jahr 2012 korrigiert. Dennoch kann man den Wind nicht vollends präzise vorhersagen. Aus diesem Grund machen wir auch schon seit längerem die Messungen im Reichswald. Die überwältigende Mehrheit der von uns projektierten Windparks läuft extrem rentabel.

Ihr Unternehmen will in Kranenburg lediglich als Projektentwickler agieren. Warum betreiben Sie nicht auch den Windpark, wenn sich damit ordentliche Gewinne erzielen lassen?

Von Aretin Weil wir ein Windkraft-Projektierer sind, kein Windpark-Betreiber. Abo Wind plant und errichtet schlüsselfertige Windparks. Die ABO Invest, die zu rund zehn Prozent ABO Wind gehört, betreibt Windparks. Dass sich Abo Invest auch in Kranenburg beteiligt, ist eine Option von mehreren.

Gibt es bereits Investoren für die Windräder im Reichswald?

Von Aretin Es gibt einige Interessenten, die einsteigen wollen. Konkret sind mir derzeit drei bekannt. Perfekt ist jedoch noch nichts, da zunächst die Rahmenbedingungen feststehen müssen. Erst wenn die geklärt sind, steigt ein seriöser Investor ein.

Welche Verpflichtungen ist die Gemeinde Kranenburg gegenüber Abo Wind eingegangen?

Von Aretin Das ist erstaunlich wenig. Die Gemeinde stellt uns den Kartenspielerweg als Grundstücksbesitzer zur Verfügung und falls notwendig auch weitere Flächen für Zuwegungen und Kabeltrassen. Dafür zahlt Abo Wind die vereinbarten Beträge an die Gemeinde. Ansonsten sind mir keine Verpflichtungen bekannt.

Als jährliche Pacht für den Kartenspielerweg werden 200.000 Euro gehandelt. Ist die Summe korrekt?

Von Aretin Dazu möchte ich nichts sagen, das muss die Gemeinde tun. Ich hätte kein Problem damit, den Betrag zu nennen. Zumal dadurch deutlich wird, dass es sich auch für die Bürger der Gemeinde rentiert, wenn der Windpark gebaut wird. Hinzu kommen die Gewerbesteuereinnahmen. Nach dem Gesetz ist es so geregelt, dass 70 Prozent dieser Abgaben, falls Gewerbesteuer anfällt, in der Standortgemeinde verbleiben müssen. Wir haben uns jedoch mit unserem Finanzamt dahingehend verständigt, dass wir 90 Prozent in Kranenburg belassen. Abgesehen davon profitieren natürlich auch lokale Unternehmen von Aufträgen während der Bau- und Betriebsphase des Windparks, die von uns nach Möglichkeit an örtliche Firmen vergeben werden.

(RP)