Kleve Eltern der Behinderten wehren sich

Kleve · Sechs Materborner, deren behinderte Kinder einmal in den geplanten Bau der Lebenshilfe in Materborn ziehen sollen, fühlen sich von Gegnern des Baus ausgegrenzt und hingehalten. Bürgermeister Theo Brauer steht auf ihrer Seite.

 Der geplante Neubau der Lebenshilfe an der Dorfstraße, eingerahmt von Pastorat (links) und "Sunas Bistro".

Der geplante Neubau der Lebenshilfe an der Dorfstraße, eingerahmt von Pastorat (links) und "Sunas Bistro".

Foto: Privat

Mit der Genehmigung des geplanten Neubaus der Lebenshilfe im Materborner Ortskern ging für Anja und Friedhelm Bucksteeg, Dorothee und Hans-Dieter Heckrath sowie Ruth und Werner Wilbert ein Traum in Erfüllung. Die drei Eheleute haben behinderte Kinder. Sie sollen in das Gebäude auf dem Gelände der abgerissenen neuen Kirche mitten in Materborn einziehen — und würden dann ganz in der Nähe ihrer Eltern leben. Doch jetzt, da die Initiative "Materborn wehrt sich" die Diskussion um das Gebäude und den Bebauungsplan für den Ortskern neu entfacht, beginnt für sie wieder eine Zeit des Bangens.

 Die Initiative "Materborn wehrt sich" findet, dass der Bau zu groß ist.

Die Initiative "Materborn wehrt sich" findet, dass der Bau zu groß ist.

Foto: NN

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte jüngst den Bebauungsplan aufgehoben, weil er an einem Formfehler kranke, der aber nach Ansicht des Gerichts behebbar ist. Jetzt muss der Bebauungsplan wieder offengelegt werden. Das nimmt die Initiative "Materborn wehrt sich" erneut zum Anlass, in die Diskussion einzusteigen.

Jüngst hatte sie zu einer Veranstaltung am "runden Tisch" eingeladen, zu deren Beginn sich tumultartige Szenen abspielten. Auch jetzt, einige Tage nach der Veranstaltung, können die Eltern noch nicht fassen, was dort geschah. "Am Gaststätteneingang nahmen zwei Frauen eine Eingangskontrolle vor. Nachdem wir uns als Eltern vorgestellt hatten, verwehrten sie uns als nicht ausdrücklich Eingeladene und unter Hinweis auf ein begrenztes Platzangebot den Zutritt", schildert Friedhelm Bucksteeg den Vorgang. Dabei seien zwei Zuhörerstuhlreihen unbesetzt gewesen. "Im weiteren Verlauf gestattete die Moderatorin die Anwesenheit von uns Eltern als Zuhörer, bei einer Wortmeldung unsererseits hätten wir den Saal verlassen müssen", berichtet der Familienvater weiter.

Dass die Eltern der behinderten Kinder ausgeschlossen werden sollten, brachte auch Bürgermeister Theo Brauer, der an der anschließenden Diskussion teilnahm, in Rage. "Die Veranstaltung war öffentlich, da auch die Medien eingeladen waren. Dieses Vorgehen war ein Unding, eine Unverschämtheit", betont Brauer im RP-Gespräch. Deswegen habe er sich dafür eingesetzt, dass die Eltern der Behinderten zu der Veranstaltung zugelassen werden. Die Veranstalter betonen hingegen, dass die Einladung nicht öffentlich war und nur zwei Vertreter pro "Diskussionspartei" eingeladen waren. Auch der Protest gegen den Bebauungsplan und gegen den Lebenshilfe-Bau richte sich keinesfalls gegen die behinderten Menschen oder deren Eltern, sondern nur gegen die nach ihrer Ansicht nicht zum Dorfkern passende Bebauung. Dennoch werfen die sechs Eltern der Initiative vor, "auf Zeit zu spielen". "Es ist erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit Kritiker, Gegner, Kläger versuchen, den Eindruck zu erwecken, als stünde das Wohnprojekt der Lebenshilfe erneut zur Diskussion.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat das Lebenshilfeprojekt nicht beanstandet. Es verneinte die behauptete angeblich erdrückende Wirkung des Wohnprojektes ebenso wie wirtschaftliche Nachteile", sagt Bucksteeg im Namen aller sechs Elternteile. Im Urteil geht es ausschließlich um Einzelhandelsbeschränkungen. Deswegen sei nicht mehr das Lebenshilfeprojekt das Thema, sondern einzig der Einzelhandel im Bebauungsgebiet. "Dies sollte man nun doch mal zur Kenntnis nehmen und nicht wieder alte Argumente vorbringen", fordert Bucksteeg.

Der Materborner gibt sich kämpferisch: "Fest steht, wir Eltern werden nicht eher ruhen, bis die wohntechnische Zukunft unserer Kinder dort gesichert ist. Unsere Behinderten brauchen weder unnötige Pausen und Verzögerungen noch altbekannte Sprüche und Parolen sowie juristische Endlosstreitereien, sie brauchen Wohnraum. Jetzt!"

(RP)
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