Betrügerische Handwerker 800 Euro für eine kleine Rohrreinigung

Kleve · Eine 85-jährige Materbornerin geht mit ihrem Betrugs-Erlebnis bei einem vermeintlich seriösen Rohrreinigungs-Dienstleister an die Öffentlichkeit. 831 Euro musste sie zahlen, dabei war die Arbeit nach einer Stunde erledigt.

 Holle Schneider aus Materborn fiel einem Rohrreinigungsbetrüger aus Essen zum Opfer. Sie hofft, durch ihr Beispiel andere Senioren vor dem gleichen Fehler zu bewahren. 800 Euro musste sie für eine Stunde Arbeit bezahlen!

Holle Schneider aus Materborn fiel einem Rohrreinigungsbetrüger aus Essen zum Opfer. Sie hofft, durch ihr Beispiel andere Senioren vor dem gleichen Fehler zu bewahren. 800 Euro musste sie für eine Stunde Arbeit bezahlen!

Foto: Markus van Offern (mvo)

Kleve-Materborn Man hört immer wieder davon: Auf den ersten Blick seriös wirkende Handwerksfirmen erleichtern bevorzugt alte Menschen um mehrere hundert Euro. Ob Schlüsseldienste, Dachrinnenreiniger oder Elektronik-Reparateure, in jeder Branche gibt es schwarze Schafe. So einem fiel auch Holle Schneider aus Materborn zum Opfer. Die 85-Jährige nahm am 14. Mai die Dienste eines vermeintlich kostengünstigen Rohrreinigungs-Service in Anspruch. Am Ende forderte dieser satte 831 Euro, die in bar oder mit EC-Karte noch vor Ort zu zahlen waren.

Doch von vorne. Nachdem ihr der verstopfte Abfluss in der Küche aufgefallen war, hatte Schneider über das Internet nach entsprechenden Dienstleistern gesucht. Dabei wählte sie explizit den Suchbegriff „Rohrreinigung Kleve“, um etwaige Anfahrtskosten möglichst zu vermeiden. In der Folge stieß sie auf einen Anbieter, der damit warb, kein Geld für die Anfahrt zu berechnen. Dass bloß eine Handynummer angegeben war, ließ sie nicht stutzig werden. „Es hieß, man könne erst vor Ort Auskunft über den Preis geben“, erinnert sie sich.

Was Schneider zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Der Reinigungsdienst kam eigens aus Essen und verstand sich bestens darauf, in jedem noch so kleinen Detail des Auftrags horrende Kosten zu verstecken. Der, so Schneider, „äußerst freundliche“ Handwerker verlangte nach einer Stunde Arbeit 179 Euro Einsatzpauschale plus 29,90 Euro für jede angefangene Viertelstunde. Zusätzlich nahm er 40 Euro für jeden bei der Reinigung verbrauchten Spiralmeter. Inklusive der Mehrwertsteuer ergaben sich schließlich eben jene 831 Euro.

Auf den Vorschlag, zusätzlich noch eine Hochdruckreinigung für schlappe 329 Euro durchzuführen, ging die alte Dame glücklicherweise nicht ein. „Zu allem Überfluss war anschließend nicht mal der Siphon wieder ordnungsgemäß befestigt“, klagt sie. So musste die 85-Jährige sogar selbst noch Hand anlegen, um das Becken wieder nutzen zu können.

Die Rechnung war völlig überzogen, das wird schon nach kurzer Recherche klar. Freunde der Geschädigten zahlten für einen ähnlichen Einsatz in Goch 228 Euro. Diese Summe deckt sich mit Angaben der Firma Düvert aus Kleve. Dort nimmt man 225 Euro für eine konventionelle Standardreinigung unter 15 Meter Rohrlänge. „Darin enthalten sind schon 1,75 Stunden Arbeitszeit für zwei Monteure“, erklärt das Unternehmen.

Im Anschluss an das Geschehene tat Schneider das einzig richtige – sie behielt es nicht für sich. Durch einen Anruf bei ihrer Versicherung war ihr schon einmal eine große Last genommen. Diese übernahm die Kosten des verhängnisvollen Rohrreinigungs-Auftrags. Schneider informierte zusätzlich die Handwerkskammer Goch, die sich an ihre Essener Kollegen wandte. Dort weiß man von sehr vielen Firmen dieser Art im Großraum Essen. Dem Verbrauchschutz sind jedoch die Hände gebunden. Er kann nur über Präventivmaßnahmen informieren. Eine Anzeige muss in jedem Fall vom Geschädigten ausgehen. Obgleich Schneider das nicht umgehend tat, will sie es nun nachholen. Ingo Schankweiler von der Polizei Kleve kann betroffenen Personen nur ebenfalls zu diesem Schritt raten. „Die Menschen können nicht vorsichtig genug sein. Auf solch perfide Betrüger kann jeder reinfallen. Auch uns sind einige dubiose Handwerksfirmen in Goch bekannt, die Dachreinigungen und Arbeiten rund um das Haus anbieten“, gibt er an. „Aus falscher Scham den Weg zur Polizei zu scheuen, ist mit Sicherheit der falsche Weg. Wir freuen uns immer, wenn irgendwie an der Präventionstrommel gekurbelt wird.“

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