Kreis Kleve "Ein schlimmer Poker"

Kreis Kleve · NRW-Finanzminister Helmut Linssen ist seit fünf Jahren im Amt und möchte fünf weitere draufsetzen. Das abgelaufene Jahr bezeichnet er als "mein anstrengendstes, aber auch erfolgreichstes". Ein Rückblick.

Helmut Linssen.

Foto: ddp, ddp

Seit 2005 ist der Issumer Helmut Linssen (67) Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Dieses Amt möchte er auch nach der Landtagswahl weiter ausüben. Bei Verhandlungen pokert er auch schon mal hoch — und freut sich, wenn er damit Erfolg hat.

Das Jahr 2009...

Helmut Linssen ... war sicherlich mein arbeitsreichstes und das am meisten strapazierende. Aber vielleicht auch das erfolgreichste Jahr, das ich hinter mir habe. Entscheidend war natürlich die Lösung der WestLB, die im Moment noch immer bei der EU diskutiert wird. Aber wir gehen davon aus, dass wir bei dem Prüfverfahren ein positives Urteil bekommen werden.

Die Gründung der ersten Bad Bank in Deutschland werten Sie damit als Erfolg?

Linssen Voraussetzung für diese ganze Geschichte war natürlich die Bad-Bank-Gesetzgebung. Ich habe immer gesagt, wir nehmen kein Kapital in die Hand wie Bayern oder Baden-Württemberg, sondern wir geben Garantien in der Hoffnung, dass diese nicht oder nur zum Teil fällig werden, oder wir uns schlicht einfach Zeit kaufen, weil der Markt sich verändert. Das war der Gedanke dieser Gesetzgebung. Damit haben wir im Dezember 2008 angefangen. Der damalige Finanzminister Peer Steinbrück war zuerst streng dagegen.

Sind Sie froh, dass die WestLB-Geschichte vom Tisch ist?

Linssen Das Thema wird uns weiterhin beschäftigen und spielt sich nach wie vor bei uns im Ministerium ab. Es war schon ein schlimmer Poker: Wer zahlt was? Ich war dreimal wöchentlich in Berlin deswegen. Meine Frau sagte schon, wir könnten uns einen eigenen WestLB-Minister leisten, der wäre doch voll ausgelastet.

Was waren noch Themen, die Sie als erfolgreich abgeschlossen sehen?

Linssen Wir haben das Kapital der Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes voll in die NRW-Bank integriert. Aus 4,3 Milliarden anerkanntem Kapital werden damit voraussichtlich rund zehn Milliarden. Dadurch hat die NRWBank deutlich mehr Fördermöglichkeiten. Das heißt mehr Wohnungsbau zu finanzieren, aber auch Umweltschutz, Mittelstand und Städtebau. Davon träume ich seit 20 Jahren, weil mir nie eingeleuchtet hat, dass dieses Riesenkapital im Grunde nur für Wohnungsbau zur Verfügung stand. Die Schuldenbremse ist auch ein großer Komplex gewesen. Ich habe dafür zwei Jahre in Berlin gefochten.

NRW nimmt 2010 rund 6,6 Milliarden Kredite auf. Die zweithöchste Kreditneuaufnahme in der Geschichte des Landes.

Linssen Wir waren runter auf 1,1 Milliarden Ende 2008 und hatten gleichzeitig 1,3 Milliarden Rücklagen, insofern ein ausgeglichener Haushalt, nachdem unsere Vorgänger mehrere Jahre nacheinander 6,7 Milliarden aufgenommen haben. Aufgrund der Wirtschaftskrise sind die aktuellen Jahre aber extrem. Nächstes Jahr wird es laut Prognosen wieder besser. Wir müssen dringend wieder runter von den neuen Schulden.

Sie sagen "wir". Das heißt weiterhin mit Ihnen als Finanzminister?

Linssen Wenn der Wähler es will und wenn der Ministerpräsident es will, dann stehe ich noch mal als Finanzminister zur Verfügung. Wenn nicht, dann freut sich meine Frau. Aber ich glaube nach wie vor, dass wir die Wahl gewinnen.

Wie schätzen Sie die Finanzlage des Kreises Kleve ein?

Linssen Der Kreis Kleve kann sich sehr gut sehen lassen im Vergleich mit anderen Regionen. Auch, weil hier die Voraussetzungen mit dem Airport Weeze und der neuen Hochschule stimmen. Mir persönlich ist es unter anderem wichtig, in Kevelaer die OW 1 zu Ende zu bringen. Das liegt mir im Magen, es dauert und dauert. Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen.

Als negatives Erlebnis dürfte Ihnen die Wahl der Landtagskandidatin für den Südkreis im Seehotel in Geldern im Gedächtnis geblieben sein. Sie haben vor rund 500 CDU-Mitgliedern gesprochen. Es wurde gebuht.

Linssen Das gehört zu meinen parteilich unerfreulichsten Erfahrungen. Ich bleibe aber bei meinem Standpunkt: Wenn man mit offenem Visier die Gegenkandidatur betrieben hätte, dann hätte man auch darüber reden können. Aber das war ein Überraschungscoup, der nicht zum Stil der Volkspartei gehören sollte.

Mit offenem Visier hat der Issumer Paul Düllings kandidiert.

Linssen. Richtig. Und dann hat er die Kandidatur zurückgezogen. Dabei sollte man dann auch bleiben — oder offen eine andere Position beziehen. Das ist aber Schnee von gestern. Die Partei formiert sich für einen wichtigen Wahlkampf. Ich bin sicher, dass Frau Vosseler exzellente Chancen hat, diesen Wahlkreis zu gewinnen und gut zu vertreten.

Corinna Kuhs führte das Gespräch.

(RP)