Kleve/Schenkenschanz Ein Mann, der die Feldmäuse zählt

Kleve/Schenkenschanz · Nicht nur auf Salmorth, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands gibt es derzeit besonders viele der Nagetiere. Um relativ gesicherte Daten zu haben, ermittelt die Landwirtschaftskammer nun auf ausgewählten Flächen die Population.

 Mit einem Maßband misst der Agraringenieur Sebastian Lammerich eine 16 mal 16 Meter große Fläche ab und markiert die Eckpunkte mit Plastikstäbchen. Auf ihr zählt der 26-Jährige anschließend die Mauselöcher.

Mit einem Maßband misst der Agraringenieur Sebastian Lammerich eine 16 mal 16 Meter große Fläche ab und markiert die Eckpunkte mit Plastikstäbchen. Auf ihr zählt der 26-Jährige anschließend die Mauselöcher.

Foto: Gottfried Evers

Eine Wiese in Schenkenschanz auf der Halbinsel Salmorth zur Mittagszeit. Sebastian Lammerich (26) trägt feste Wanderschuhe, hält ein Maßband in der Hand und schreitet offensichtlich damit ein Quadrat - es misst 16 mal 16 Meter (250 Quadratmeter)- auf der Wiese ab. Die Eckpunkte markiert er mit blauen Plastikstäbchen, die er in den feuchten Wiesengrund steckt.

Dann geht der 26-Jährige die Fläche langsam ab, schaut aufmerksam zu Boden und tritt immer wieder mit der Hacke kräftig in den Boden. Dabei zählt Sebastian Lammerich genau, wie oft er zutritt. Am nächsten Tag - wieder zur Mittagszeit - geht der Mann die quadratische Fläche erneut ab. In Gedanken zählt er wieder. Diesmal hat er aber nicht zugetreten. Er merkt sich, wie viele Löcher er im Boden entdeckt. Ahnungslose Betrachter der Szenen dürften vor einem Rätsel stehen: Was tut der Mann da auf der Wiese?

Am ersten Tag tritt Sebastian Lammerich Feldmaus-Löcher zu. Am nächsten Tag zählt er, wie viele (wieder) offene Löcher er auf der abgesteckten Fläche findet. Die Methode nennt sich Lochtret-Methode. Sie dient dazu, den Befall durch Feldmäuse auf landwirtschaftlich genutzten Flächen festzustellen. "Bislang haben wir den Befall nur geschätzt. Nun wollen wir belastbare Daten ermitteln", sagt Sebastian Lammerich, der als Agraringenieur für die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen arbeitet.

Immer wieder gibt es Nachrichten von Mäuseplagen. Inzwischen ist auch eine Bund-Länder-Kommission zum Thema einberufen worden, die zwei bis dreimal jährlich tagt. Ihr gehört Marianne Benker an, die bei der Landwirtschaftskammer NRW Referentin für den Pflanzenschutz auf Acker- und Grünland ist. "Vor allem in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist der Feldmausbefall ein Problem", sagt die Expertin. Dort müssen die Landwirte erhebliche Ertragseinbußen wegen der Nagetiere in Kauf nehmen. Aber auch in Rheinland-Pfalz und in NRW hat die Population der Feldmäuse regional stark zugenommen. Deshalb werden die Nager auch dort nun mit Hilfe der Lochtret-Methode gezählt.

Diese Art der Erhebung ist nicht neu, aber sie ist laut Johan Thissen von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg allgemein üblich und liefert durchaus brauchbare Ergebnisse. Für die Methode spreche zudem, dass sie einfach und kostengünstig durchzuführen sei - auch von Laien.

Von einem starken Befall geht man aus, wenn auf der 16 mal 16 Meter großen Fläche am zweiten Tag acht Feldmaus-Löcher aufgebuddelt worden sind. Bei seiner Zählung auf Salmorth hat Sebastian Lammerich 459 Löcher zugetreten. Eineinhalb Stunden hat er dafür benötigt. Am nächsten Tag waren 154 wieder aufgegraben.

"Das ist ein extrem starker Befall. So was habe ich am Niederrhein noch nicht gesehen. Da macht es auch keinen Sinn mehr, mit Gift gegen die Tiere vorzugehen", meint der Agraringenieur. Eine derartige Bekämpfung sei vor allem anzuraten, wenn die Population sich gerade im Aufbau befinde, um einem stärkeren Befall vorzubeugen. Dieser Zeitpunkt sei auf Salmorth verpasst und der Einsatz von Mäuseködern würde den aktuell starken Schaden nun nicht mehr reduzieren. Es bleibe nur die Hoffnung auf ein Hochwasser. Auch eine Lockerung der Flächen im nächsten Frühjahr mit einer Egge oder auf andere Weise könne Erfolg bringen, da dadurch die Gänge der Mäuse zerstört würden. In nicht naturgeschützten Bereichen - die Flächen auf Salmorth stehen unter Naturschutz - sei es ratsam, die Flächen zu pflügen und neu einzusäen. Grundsätzlich seien die Landwirte in der Region aufgefordert, einen starken Mäusebefall der Kammer zu melden.

Auch wenn es auf der Halbinsel Salmorth derzeit extrem viele der Nagetiere gibt, so hat Johan Thissen von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg auch in anderen Bereich der Düffel-Niederung viele Mauselöcher gesehen. "Aus Sicht des Menschen kann man von einer Plage sprechen", sagt der Naturschützer. Er ist sich aber sicher: "Der Bestand wird wieder zurückgehen. Populationsschwankungen sind normal. Warum es derzeit aber so viele Feldmäuse gibt, das weiß ich auch nicht."

(RP)
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