Kalkar Ein Konstruktivist in Kalkar
Kalkar · Ausstellung "70 Jahre junger Westen" wird am Samstag, 2. Juni, eröffnet.
In die Zeit der deutschen Nachkriegsavantgarde entführt Galerist Hans-Hermann Bottenbruch ab heute in seiner Galerie Hof-Nr. 3 am Marktplatz und im Kalkarer Rathaus. Er zeigt Bildern des Konstruktivisten Heinrich Siepmann, der 1948 zu den Mitbegründern der Gruppe "junger Westen" neben Emil Schumacher gehörte und 1979 mit dem Karl-Ernst-Osthaus-Preis ausgezeichnet wurde.
"Zum Jubiläum 70 Jahre ,junger Westen' 1948 bis 2018 sind wir stolz darauf, diesen grandiosen Künstler in Kalkar zeigen zu können", sagt Bottenbruch. Der Galerist sitzt zufrieden beim Capucchino am Tisch mitten im hohen Galerieraum, derweil sich sein Dalmatiner "Chef" auf dem kühlen Steinboden ausstreckt. Die Ausstellung hängt. Wunderbare Gemälde begleiten den Besucher auf dem Weg des Malers, beginnend 1948 mit einem Stillleben mit Kerze, ganz im Stil der Zeit stehen Krüge und Vasen auf einem Tisch, ein Buch liegt darauf, die Kerze und stachelige Rosen-Stängel deuten vielleicht auf die Vergänglichkeit, eine Tonpfeife ist auf dem Tisch abgelegt.
Neben dem stillen Stillleben der Blick in eine Menschenmenge: "Bewegtes Geld-Weiß" titelte Siepmann das Gemälde mit den verwischten Gestalten, die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt: Unscharf, in teils sich überlagernden Silhouetten wie Menschen, die durch eine volle Stadt ziehen. "Bewegtes Gelb-Weiß" entstand 1961. Siepmann galt schnell als der Konstruktivist im jungen Westen, auch weil er Kasimir Sewerinowitsch Malewitschs schwarzes Quadrat aufgriff und es geschickt durchdeklinierte in seinen Bildern. Das Quadrat gehört zu seiner Ahnenreihe: Quadrat, Rechteck, Dreieck, Linie - wie auch mit einer Fülle witzig hintergründiger Collagen, stellte Siepmann seine künstlerische Vielseitigkeit unter Beweis, wird Heiner Stachelhaus im Katalogheft zur Ausstellung zitiert. Es sind Bilder, die aus geometrischen Figuren konstruiert werden, deren Farbflächen perfekt zueinanderstehen und die als geschlossene Komposition klingen. Ratlosen Kritikern dieser abstrakten Kompositionen hielt Siepmann entgegen: "Der Künstler entfaltet seinen eigenen Kosmos - wer als Betrachter sensibel genug ist, wird in diesen Kosmos eindringen können". Siepmann wurde 1904 in Mülheim an der Ruhr geboren, studierte an der Folkwand-Schule Essen und arbeitetet seit 1928 als freier Maler. Während des Krieges war er Soldat, der Durchbruch kam schließlich mit dem Konstruktivismus.
Der Maler starb im hohen Alter 2002 - er soll noch auf dem Totenbett nach Stift und Papier verlangt haben, erzählt Bottenbruch. Die Ausstellung "70 Jahre junger Westen" ist an zwei Orten zu sehen: die Gemälde, späte Zeichnungen und Collagen in der Galerie Hof-Nr.3, und weitere Collagen und Arbeiten auf Papier im Rathaus der Stadt. Die Eröffnung ist am heutigen Samstag, 2. Juni, 18 Uhr. Es spricht Kulturamtsleiter Harald Münzner.
Bis 5. August. Do bis So 15 bis 19 Uhr, Markt 6 in Kalkar und im rathaus während der Öffnungszeiten.