Niederrhein Ein dichtes Netz der Nachsorge

Niederrhein · Über die Nachsorgesysteme für Straftäter aus den forensischen Stationen der LVR-Kliniken diskutierten Fachleute im Gesellschaftshaus der LVR-Klinik Bedburg-Hau. Die hat Probleme mit den Räumlichkeiten.

 Auch nach der Entlassung werden die Patienten aus der Forensik intensiv betreut.

Auch nach der Entlassung werden die Patienten aus der Forensik intensiv betreut.

Foto: Markus van Offern

Die Rückfallquote von Patienten, die aus der forensischen Klinik des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) entlassen werden, ist im Vergleich zum Strafvollzug gering: Sie liegt bundesweit deutlich unter zehn Prozent. Das trifft auf psychisch kranke Straftäter ebenso zu wie auf jene Patienten, die straffällig geworden sind und dann aufgrund einer Suchtkrankheit in die Maßregel kommen. "Nur forensische Patienten haben ein derart dichtes Hilfenetz, bestehend aus Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, forensischer Nachsorge und nicht zuletzt dem Betreuungssystem der Gemeindepsychiatrie", sagt Dr. Jack Kreutz. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie der LVR-Klinik Bedburg-Hau und Chef der dortigen forensischen Kliniken.

 Claudia Franck, Dorothea Faust (Landgericht Kleve), Josef Berg, Alexander Pantelatos, Jack Kreutz und Rudolf Schlabbers (v.l.).

Claudia Franck, Dorothea Faust (Landgericht Kleve), Josef Berg, Alexander Pantelatos, Jack Kreutz und Rudolf Schlabbers (v.l.).

Foto: mgr

Es ist ein Netz, das auch über den Maßregelvollzug hinter den Zäunen der Stationen in der LVR-Klinik hinaus geht. "Gute Nachsorge und Rehabilitation sind die beste Prävention", wie die Forensik-Chefärzte Rudolf Schlabbers und Alexander Pantelatos unterstreichen. Tatsächlich leben von rund 1500 Patienten, die der LVR als bundesweit größter Träger des Maßregelvollzugs an sechs Standorten im Rheinland versorgt, rund 260 außer stationär - in Heimen, im betreuten Wohnen oder der eigenen Wohnung. Rund 100 Patienten aus der LVR-Klinik Bedburg-Hau werden ambulant in der forensischen Nachsorge in den Kreisen Kleve und Wesel und darüber hinaus betreut, allein 18 davon beim psychosozialen Verein Papillon.

"Wir sind Partner des Maßregelvollzugs als Teil der Gemeindepsychiatrie, bis jetzt funktioniert die Nachsorge gut und verlässlich. Das funktioniert sogar besser als in der Allgemeinpsychiatrie", sagt Josef Berg, Sprecher der psychosozialen Arbeitsgemeinschaft. Gestern tauschten sich im Gesellschaftshaus der LVR-Klinik Bedburg-Hau rund 150 Fachleute in einem Symposium über die Nachsorge-Systeme aus. Ihr Fazit: Man sei durchaus in der Lage, die nach dem Mollath-Fall und der Gesetzesnovelle von 2016 gestiegenen Entlassungen auch in der Nachsorge ambulant auffangen zu können. "Die Nachsorge funktioniert eigentlich sehr gut, das Netz ist sehr engmaschig. Aber es gibt auch Probleme. Probleme vor allem mit den Räumlichkeiten", sagen Schlabbers und Pantelatos.

Kreutz hofft, dass diese Probleme dann, wenn irgendwann der vom Land lange versprochene Forensik-Neubau für die LVR-Klinik Bedburg-Hau tatsächlich kommen sollte, gelöst werden könne. Man brauche mehr Büros, Therapie- und Besprechungsräume - vieles, was derzeit nur sehr provisorisch möglich ist, bestätigen die Ärzte. Hinzu komme langfristig die Schwierigkeit, junge Ärzte für die Psychiatrie begeistern zu können. Genesungsbegleiterin Claudia Franck vermisst eine bessere berufliche Qualifikation während des Maßregelvollzugs. Alle appellierten an Verbände und Bürger, die Patienten auf dem Weg ins normale Leben nicht zu stigmatisieren. Zumal, so Franck, nicht wenige den Weg ins Leben über Selbsthilfegruppen suchen.

(mgr)
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