Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
EILMELDUNG
Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Kleve Die Wut der Bauern kocht

Kleve · Demonstration für auskömmliche Milchpreise: Landwirte vom Niederrhein gestern in Brüssel – zustimmender Jubel an der Strecke des Trecker-Trosses – vergebliches Warten auf Kanzlerin – Pfiffe für Sonnleitner.

Brüssel/NIEDERRHEIN Der Protestzug der europäischen Milchbauern hat gestern Mittag Brüssel erreicht. Die belgische Hauptstadt brennt. Rauchschwaden vor dem EU-Parlament. Wütende Landwirte haben Autoreifen angezündet. Die Wut kocht. "20 Cent für den Liter Milch. Die Franzosen lassen sich das nicht mehr gefallen", sagt Clemens Schweckhorst aus Töven, einer Bauernschaft zwischen Hamminkeln und Rees-Haldern. Er ist mit dem Trecker-Tross vom Niederrhein zum Protest gen EU gefahren.

10 000 Protestler aus ganz Europa

Rund 10 000 Demonstranten aus allen Teilen Europas versammeln sich zur Großkundgebung. Der massive Aufmarsch wird bekräftigt von über 1000 PS-starke Schleppern, die der Politik auf die Seite der Milchbauern ziehen wollen, die aufgrund der ungebremst abstürzenden Preise um ihre Existenz fürchten. Und zum Kampf entschlossen sind.

Reginald Schaber, Kopf des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) – zuletzt zu Jahresbeginn bei den Landwirten in Hamminkeln-Loikum/Wertherbruch zu Gast, ist auch da. Er sagt, dass fünf Prozent der Milchmenge runter müsse, so dass sich der Preise erholen könnten. Erwartet werden auch Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) und an der Spitze Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die zum EU-Gipfel in der Zentrale weilt und die zugesichert hatte, das Thema Milch anzusprechen. Beide kommen nicht. "Vielleicht sprechen sie am nächsten Tag", sagt Schweckhorst, der am Abend nach einer Protestfahrt der 1000 Traktoren durch Brüssel wieder nach Hause gefahren ist. Sein Bruder hat ihn abgelöst, wird ihn auf dem Laufenden halten.

"Die Stimmung ist gut", hatte Clemens Schweckhorst im Vorfeld der großen Kundgebung am Handy mitgeteilt. Doch sie ist gereizt. Es knallt. "Nur Feuerwerkskörper. Da, schon wieder ein Kracher." Die Knaller werden übertönt von lautem, metallenem Geschepper. "Das sind die Bayern", erläutert der Niederrheiner aus Töven. Die lassen Kuhglocken klingen. Dennoch sei alles friedlich. "Die Polizei ist kooperativ", sagt Schweckhorst, "die tut, was sie kann, damit wir unseren Unmut vortragen können." Und die Bevölkerung an der Wegstrecke hat den Milchbauern gut getan. "Die Straßen nach Brüssel waren gesäumt von Menschen, die uns alle zugejubelt haben", erzählt der Tövener. "Ungelogen, wie bei der Tour de France."

Wirklich traurig ist er über die Rede von Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. "Der hat uns deutlich gemacht, dass er sich für uns schämen würde." Die Quittung: ein gellendes Pfeifkonzert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort