Materborn Taufstein vom Müll gerettet

Kleve-Materborn · 1892 wurde das Taufbecken von Aloys Langenberg aus Goch gefertigt. Nachdem es 1966 seine Funktion verloren hatte, gelangte es in Privatbesitz und steht heute wieder im Chorraum der St.-Anna-Kirche in Materborn.

 Das Taufbecken in der St. Anna-Kirche in Materborn hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich.

Das Taufbecken in der St. Anna-Kirche in Materborn hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

 Wenn der Taufstein aus der St.-Anna-Kirche in Materborn erzählen könnte, kämen manche spannenden Geschichten zum Vorschein. Mehrfach hat der Taufstein im Laufe der Geschichte  seinen Platz gewechselt,  und einmal wurde er sogar vom Müll gerettet. Wilhelm Ost vom Förderkreis „Pfarrkirche St. Anna Materborn e.V.“ berichtete, dass es bereits seit etwa 1480 in Materborn eine Kapelle gab, die der heiligen Anna geweiht war. „Von einem Taufstein in dieser Kapelle ist jedoch nichts bekannt“, sagte er.

Im Jahr 1862 erhielt Materborn mit Wilhelm Windhausen (1837 bis 1915) einen eigenen Vikar. Augenfälligstes Zeichen seines 27-jährigen Wirkens wurde der Bau der neugotischen St.-Anna-Kirche. Die Kirche wurde 1892 fertiggestellt und 1894 eingesegnet.

Und hier begann die Geburtsstunde des Taufsteines, der im Jahr 1892 von Aloys Langenberg gefertigt wurde. Er war ein Bruder des berühmten Gocher Bildschnitzers Ferdinand Langenberg, der am 7. April 1849 im elterlichen Haus in Goch am Steintor geboren wurde. Der Taufstein zeigt eine Inschrift: „Langenberg Goch fec. 1892 VIC. R.Heinrich.“ Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche schwer beschädigt. Ende 1945 stürzte während eines Sturmes die Turmspitze ein.

Im Jahr 1966 zwang die stetig wachsende Zahl der Gemeindemitglieder zum Bau einer neuen Pfarrkirche auf dem Gelände neben dem Pfarrhaus, welches als drittes Kirchengebäude an der Dorfstraße geweiht wurde. Der Taufstein aus 1892 verblieb in dem schwer beschädigten Gotteshaus.

Mit der Einweihung der neuen St-Anna-Kirche bekam dieses Gotteshaus ein neues Taufbecken mit einem kunstvoll gestalteten Deckel. Der Beschluss, die Alte Kirche bis auf den Glockenturm abzureißen, wurde nicht umgesetzt. Stattdessen entstand hier 1970 ein Depot für überflüssig geltende Ausstattungsstücke.

Vier Jahre später wurde der Altarraum abgetrennt und als Friedhofskapelle eingerichtet. 1989 wurde die neugotische Kirche unter Denkmalschutz gestellt und ein Förderkreis gegründet. 2002 wurden die Räume der Alten Kirche entrümpelt und Einrichtungsgegenstände abgegeben.

„Wir haben den Taufstein vom Müll gerettet“, blicken Irmgard Pastoors und ihr Mann Aloys aus Materborn zurück. Seither hatte das Taufbecken einen Platz im Garten des Anwesens. Liebevoll bepflanzte Irmgard Pastoors den „Blumenkübel“ zur Freude der Familie mit Eriken und anderen Blumen.

Zunächst sollte die Alte St.-Anna-Kirche zu einem Kolumbarium umgewandelt werden, jedoch nach der Bereitschaft des Bistums, die St.-Anna-Kirche wieder zur Pfarrkirche zu erheben, wurde schließlich  nach alten Einrichtungsgegenständen gesucht.

Der Ortspfarrer hatte seinerzeit bedauert, dass Gegenstände aus der Alten Kirche verloren gegangen seien. Nachdem die Familie Pastoors gehört hatte, dass die Alte Kirche wieder Pfarrkirche werden sollte, gab sie das seit fast 40 Jahren verschollene Taufbecken an die Kirche zurück. Es wurde von der Firma Norbert Huismann aus Bedburg-Hau-Hasselt sandgestrahlt und im Chorraum vor der Kreuzigungsgruppe des Hauptaltares aufgestellt. Die heutige St.-Anna-Kirche wurde am 14. Dezember 2008 neu eingesegnet.

Der Taufstein, etwa 103 Zentimeter hoch und sehr schlicht gehalten,  hatte nie einen Deckel. Er bekam für eine kurze Zeit den Deckel des Taufsteins der sogenannten „Neuen Kirche“. Heute schmückt ihn eine große Cromargan-Schale aus einem Material, das mit dem Edelstahl des großen Osterkerzen-Leuchters übereinstimmt, und von Holger Hagedorn aus Rees geschaffen wurde. Während der Gottesdienste sind die Taufen am Zelebrationsaltar, um die Gemeinde in das Geschehen mit einzubeziehen. Außerhalb der Messfeiern sind die Taufen im Chorraum, der zugleich als Taufkapelle dient, am wiedergefundenen Sandstein-Taufbecken von 1892.

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