Kranenburg-Nütterden Ein Stück Geschichte verkauft

Kranenburg-Nütterden · Die Gaststätte „Zu den Forellenteichen“ in Nütterden sollte versteigert werden. Doch dazu kam es nicht. Niederländische Investoren sicherten sich das Objekt und wollen dort Wohnungen einrichten.

  1736 erstmals urkundlich erwähnt, hat die Wirtschaft seit vergangener Woche einen neuen Besitzer. Der größte Teil des Hauses steht unter Denkmalschutz.

1736 erstmals urkundlich erwähnt, hat die Wirtschaft seit vergangener Woche einen neuen Besitzer. Der größte Teil des Hauses steht unter Denkmalschutz.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Die Nütterdener Restauration „Zu den Forellenteichen“ an der Bundesstraße 9 ist reich an Geschichte und wurde zuletzt stets ärmer an Gästen. Das ist ein Grund dafür, dass die Wirtschaft in der vergangenen Woche am Amtsgericht Kleve versteigert werden sollte. Laut Gutachter hat das Haus einen Verkehrswert von 347.000 Euro. Es liegt günstig in der Ortsmitte und über die Jahre hinweg ist es ständig renoviert worden, heißt es in der Bewertung weiter.

Die Schankwirtschaft kam jedoch nicht unter den Hammer. Ein Investor hatte zuvor ein Angebot abgegeben, so dass es nicht zur Versteigerung kam. Für alle Beteiligten ist der Verkauf an diesen neuen Eigentümer zumindest auf den ersten Blick ein Segen. Was der mit dem Objekt offenbar plant, wird einigen Bürger des Dorfs ein paar Sorgen nehmen. So hieß es zunächst, die Wirtschaft solle Leiharbeitern aus dem Osten Europas als Unterkunft dienen. „Da kann ich alle beruhigen. Das ist nach Angaben des Käufers nicht so“, sagt Volker Lenz (53), der den Gasthof noch bis Februar 2020 führt und derzeit parallel dazu den Ratskrug in Materborn. Wie Lenz berichtet, planen die niederländischen Käufer Wohnungen zwischen 50 und 60 Quadratmeter Größe in dem historischen Haus einzurichten. Erfahrungen mit dem Umbau von geschichtsträchtigen Gemäuern haben die Niederländer bereits. So entwickelten sie die alte Donsbrüggener Schule zu altengerechten Wohneinheiten.

Volker Lenz hatte den Gasthof „Zu den Forellenteichen“ 1991 erworben und seitdem betrieben. Er legte Wert darauf, dass dort nach dem Verkauf keine Leiharbeiter wohnen, die in den Niederlanden beschäftigt sind. Denn das Geschäftsmodell „Unterbringung vieler Menschen auf wenig Raum“ ist in etlichen umliegenden Kommunen nicht unbekannt und sorgt für Probleme. „Ich bin zufrieden, dass es so gelaufen ist. Ich will mich in Kranenburg ja auch noch blicken lassen“, sagt er.

Was den historischen Wert der verkauften Immobilie betrifft, so ist dieser von enormer Bedeutung. Denn die Gastwirtschaft steht unter Denkmalschutz. Sie liegt direkt an der Hauptstraße, die das Dorf teilt. Auf der anderen Seite der Bundesstraße befinden sich die Kirche, der Friedhof und das Pastorat. Doch bevor das Gotteshaus in Nütterden entstand, war die Kneipe schon da. Die Gastwirtschaft gibt es seit mehr als 280 Jahren. 1736 wird sie erstmals urkundlich erwähnt. Auf dem Hof darf eine eine „Fuselbrennerei“ betrieben werden — den Segen dafür gab Friedrich Wilhelm König in Preußen. Das Gasthaus gehört wohl zu den ältesten Objekten des Nordkreises, die immer nur eins waren: Gaststätte.

Die Geschichte des Lokals wird vor dem Gebäude besonders deutlich. 1911 wurde hier eine Veranda errichtet, die von Denkmalschützern ebenfalls als äußerst erhaltenswert bewertet wird. Der prächtige Vorbau diente auch als Möglichkeit, sich unterzustellen, denn nur ein Jahr später fuhr hier die erste Straßenbahn durch die Ortschaft. Eine Haltestelle war vor dem Restaurant, bis hier 1960 die letzte Straßenbahn hielt.

Gut sichtbar ist, welche Gebäudeteile zu den historisch bedeutenden gehören und unter Denkmalschutz stehen. „Was mit roten Ziegeln eindeckt ist, muss erhalten bleiben“, erklärt Volker Lenz. Zumindest optisch werden sich die Nütterdener nicht an ein neues Haus gewöhnen müssen.

 Eine Postkarte, die im Jahr 1926 gedruckt wurde. Die Straßenbahnschienen liegen bereits vor der Gaststätte „Zu den Forellenteichen“, so dass die Aufnahme nach 1912 entstanden sein muss.

Eine Postkarte, die im Jahr 1926 gedruckt wurde. Die Straßenbahnschienen liegen bereits vor der Gaststätte „Zu den Forellenteichen“, so dass die Aufnahme nach 1912 entstanden sein muss.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

28 Jahre stand der Gastronom in der Wirtschaft „Zu den Forellenteichen“ hinter der Theke. Ein Bruchteil der 1736 erbauten Gaststätte. Jetzt führt er den Materborner Ratskrug. Der stammt aus dem Jahr 1900. Mit historischen Gebäuden kennt sich Volker Lenz aus. Doch werden sie immer jünger.

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