Kleve Die Hausaufgabe landete in Opas Pfeife

Kleve · RP-Serie "Meine Schulzeit" (44): Peter Kempkes wurde am 1. April 1938 in die katholische Volksschule Uedem eingeschult. Das Sammeln von Heilkräutern und die Pflege des Schulgartens war damals verpflichtend.

 Kath. Volksschule Uedem 1941: Peter Kempkes ist in der unteren Reihe der 4. von rechts. Links oben Lehrer Büchel, bei dem Kempkes vier Jahre lang lernte.

Kath. Volksschule Uedem 1941: Peter Kempkes ist in der unteren Reihe der 4. von rechts. Links oben Lehrer Büchel, bei dem Kempkes vier Jahre lang lernte.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Auf seinen Großvater Clemens Schmitz hält Peter Kempkes von der Gartenstraße in Uedem große Stücke. Für die Schulkinder der Kath. Volksschule Uedem war neben dem Kartoffelkäfersuchen auf den Feldern das Sammeln von Heilkräutern, wie Schafgarbe, Kamille oder Himbeerblätter Pflicht. Die Kräuter wurden zum Trocknen zu Hause ausgelegt, bevor sie an der Schule eingesammelt wurden. Jedoch musste der heute 81-Jährige zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder feststellen, dass die Kräuter durch das Trocknen nicht nur schrumpften, sondern gänzlich von den Regalen verschwanden.

"Schmetze Mens", unter diesem Namen war Opa bekannt, hatte festgestellt, dass die Kräuter für seine Stockpfeife gut und nützlich waren. Peter Kempkes, 1932 in Uedem geboren, wurde am 1. April 1938 in die kath. Volksschule in Uedem eingeschult und am 26. März 1946 entlassen. Die 1. Hl. Kommunion war am 31. März 1940, so dass er am 11. April 2010 das Fest der Gnadenkommunion feiern konnte. Ein Foto zeigt die Erstkommunikanten in Matrosenanzügen. Die Kinderjahre und die Schulzeit waren geprägt vom Auf- und Untergang des "Dritten Reiches".

Lehrer Büchel unterrichtete in den ersten vier Jahren. Religionslehrer waren Pfarrer Jacobs und die Kapläne Höh und Proest. In der ganzen Schulzeit gab es nur einen Ausflug zum Amphitheater nach Xanten. Nach dem 4. Schuljahr folgten zwei Jahre unter Lehrer Janssen. Zum Schutz vor Bombenangriffen mussten die Kinder Kellerräume aufsuchen. Im letzten Kriegsjahr fiel der Unterricht gänzlich aus. In den Wirren der ersten Nachkriegsjahre 1945/46 musste man dann noch einmal die Schulbank drücken.

So war es nicht verwunderlich, dass auf dem Entlassungszeugnis zu lesen war: "Der Schüler hat aufgrund der Kriegsereignisse die Schule nur sieben Jahre besuchen können, jedoch das Klassenziel der 8. Klasse erreicht." Auch in Uedem wurden in der Nazizeit die Kreuze aus den Klassenräumen entfernt und der "Hitlergruß" eingeführt. Nach der 5. Klasse wurden Jungen und Mädchen getrennt unterrichtet. Stets stand der Stock griffbereit neben dem Lehrerpult. Als dieser durchbrach, musste ein Bauernjunge einen neuen besorgen.

"Wie es der Zufall wollte, bekam dieser am nächsten Tag als Erster damit Prügel", erinnert sich Kempkes. Als Strafe musste man auch Abschnitte aus einer Propagandaschrift von Joseph Goebbels abschreiben. Unmittelbar neben der Schule befand sich ein Schulgarten, in dem das Fach Biologie anschaulich gelehrt wurde. Sogar die Zucht von Seidenraupen gehörte dazu. Starke Jungen sollten Stangenbohnen pflanzen, jedoch sah der Rektor auch nach sechs Wochen keinen Erfolg – bis er aufgeklärt wurde: Die Schüler hatten überhaupt keine Bohnen gesetzt, sondern diese im Garten verstreut.

(RP)
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