Kleve Die Gefahr auf dem Dach

Kleve · Viele Bürger setzen sich Photovoltaikanlagen auf die Häuser, um Stromkosten zu senken und Zuschüsse zu bekommen. Doch was passiert bei einem Brand, und wie werden die Anlagen entsorgt?

Die Szene ist konstruiert: Im Kleverland brennt auf einem bäuerlichen Anwesen die Scheune. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr stehen in sicherem Abstand zum Brandherd, sichern die umliegenden Gebäude und lassen die Scheune kontrolliert abbrennen. Dieses Verhalten hat natürlich einen Grund: Auf dem Hallendach befindet sich eine Photovoltaikanlage. Der Strom aus der Anlage ist lebensgefährlich.

Das Verhalten der Wehrmänner erklären Reiner Gilles, stellvertretender Kreisbrandmeister, und Jürgen Pauly, Kleves Stadtbrandinspektor, ausführlich. In einem solchen Fall gebe es keine gesetzlichen Vorschriften, sondern bisher nur Empfehlungen. Wichtig sei dabei auch, zu unterscheiden zwischen der Warmwassererzeugung (solarthermische Anlagen) und dem Erzeugen von Strom (Photovoltaik/PV). Bei großen PV-Anlagen seien mittlerweile Gleichspannungen bis 900 Volt möglich.

Schwere Verletzungen

"Gerade dieser Gleichstrom birgt die Gefahr", erklären die beiden Fachmänner. Denn der ungefährlichere Wechselstrom werde meistens erst im Gebäude aus dem Gleichstrom erzeugt. "Hält nun ein Wehrmann einen Wasserstrahl in die PV-Anlage, kann es zu einem so genannten Lichtbogenüberschlag (als wenn eine E-Lok ihre Greifarme an die Stromleitung legt) kommen, der schwere Verletzungen erzeugt und den Feuerwehrmann sogar töten kann", fügt Pauly hinzu.

Deshalb, verdeutlicht Gilles weiter, seien seine Männer gehalten, bei diesen Anlagen auf dem Dach vorgeschriebene Abstände einzuhalten. Bei Gleichstrom beträgt der Abstand, wenn ein Sprühstrahl verwendet wird, fünf Meter und bei Vollstrahl des Feuerwehrschlauchs zehn Meter. "Dann können wir mit dem Wasser das Brandobjekt nicht mehr erreichen", beschreibt Gilles die Situation.

Die beiden Wehrmänner machen in diesem Zusammenhang jedoch auch klar, dass Menschen- und Tierrettung in jedem Fall vorgehe. "Natürlich retten wir erst einmal mit Atemschutzgerät die Personen aus den Häusern", meint Stadtbrandinspektor Pauly. Doch dann müsste das Objekt im Stich gelassen werden. Einige Besitzer glauben, dass eine Trenneinrichtung im Haus den Strom in der PV-Anlage abstellen würde. Dem widersprechen die Wehrmänner entschieden. Der Trennschalter schütze nur die Anlage im Haus.

Bei Sonne, Bewölkung, Feuer und sogar durch das aufgestellte Flutlicht der Wehr erzeuge die Photovoltaikanlage sofort wieder neuen Strom. Reiner Gilles: "Glücklicherweise hatten wir im Gelderland noch keinen Brand mit einer PV-Anlage."

Wer für die Entsorgung der Solaranlage, beispielsweise bei kaputten Modulen zuständig ist, erläutert Joachim Beckers vom gleichnamigen Elektro-Unternehmen in Kleve: "Bei mono- und multikristallinen Modulen kann der Verbraucher die Entsorgung selbst übernehmen. Das kann durchaus attraktiv sein, weil ein Edelmetall wie Silicium wertvoll ist." Bei Dünnschicht-Modulen geschehe die Entsorgung hingegen durch den jeweiligen Hersteller.

(RP)
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