Flöten in der Stadthalle Der Klang von Jahrtausenden in Kleve

Kleve · Großer Applaus für ein exzellentes Reihenkonzert mit Dorothee Oberlinger und Anna Potengowski zusammen mit dem Ensemble l’arte del mondo unter der Leitung von Violinist Werner Ehrhardt sowie Georg Wieland Wagner am Schlagwerk.

 Das Kammerorchester L'arte del mondo gastierte in Kleve

Das Kammerorchester L'arte del mondo gastierte in Kleve

Foto: Konzerte Kleve/peuserdesign.de

„Eternal Breath. Atmen durch die Zeit“ titelte des dritte Reihenkonzert in der Stadthalle Kleve. Und sowohl um Atem als auch die Zeit ging es durchweg: Mit Dorothee Oberlinger an Blockflöten und Anna Friederike Potengowski an Steinzeitflöten waren Luftströme und Klänge von Epochen musikalischer Gestaltung allgegenwärtig verknüpft. Zusammen mit dem Ensemble l’arte del mondo unter der Leitung von Violinist Werner Ehrhardt sowie Georg Wieland Wagner am Schlagwerk kamen so Klänge – wohl aus Jahrtausenden – zu Gehör. Dabei waren die Steinzeitflöten Nachbauten prähistorischer Funde und auch Wagners zeitgenössische Stücke „Wladwishung Pade“ sowie „Mayuman“ unter dem Einsatz von Fell, Stein, Gras, Muscheln, Knochenflöten und Atem bewusste Anlehnung an die Klangerzeugung, wie sie vor 40000 Jahren gewesen sein könnte. Wissen wir doch heute nicht genau, wie es wirklich geklungen haben mag, beflügelt der Gedanke, zumindest einen Zugang gefunden zu haben, den Potengowski auch in einer kleinen Vorstellung der Steinzeitflöten eindrucksvoll demonstrierte.

Mit Hildegard von Bingens „O Ecclesia“ aus dem 12. Jahrhundert eröffnete Oberlinger das Konzert, trat von hinten aus dem Nichts auf die Bühne mit einer musikalischen Meditation ohne Anfang und Ende; mit „commentari III“ für Blockflöte und Elektronik der Komponistin Dorothée Hahne (*1966) folgte der nahtlose Brückenschlag ins Heute, mit Kopfhörern auf den Ohren und rasanten Loops, die Oberlingers Fingerfertigkeit forderten und in denen sich Rhythmus und Klang ohne Scheu trafen.

Für Giorgio Mainerios Musik traten l’arte del mondo hinzu, spielten zunächst dunkle Klänge in „Shiarazula Marazula“, um im unmittelbar anschließenden, tänzerischen „La Lavandara Gagliarda“ mit Schlagwerk und einer rustikalen Anmutung in den Streichern aufzuwarten. Potengowski ließ anschließend ihre Steinzeitflöten in „Aare“ und Vogelimpressionen erklingen. In den Ensembleinterpretationen fielen die eminenten Beiträge und feinsten Nuancierungen aller Beteiligten deutlich ins Ohr. Mit großer Differenziertheit der Artikulation, der Klangfarben und Schwung spielten sie Antonio Vivaldis „Il Gardellino“ RV 428 und als Höhepunkt Vivaldis „La Notte“-Konzert RV 439. Die Flötistinnen bewegten sich in diesem programmatischen Reigen sicher, ihr Spiel auf den verschiedenen Blockflöten (teils doppelflötig) und Nachbauten war ausgezeichnet, der Ton leicht, die Virtuosität wirkte selbstverständlich und perlte ohne jede Mühe. Intonatorisch agierten sie ohne Makel, herausragend auch die beredte Artikulation von Oberlinger – die charakterlichen Unterschiede der Kompositionen wurden auf der Basis bester technischer Voraussetzungen dezidiert herausgearbeitet.

Im Epilog „Wisdom“ glitten die Klänge in jene zeitlosen Prismen von Farben, die an Endlosigkeit erinnern sollten. Der große Bogen führte so in sehr dichtem Ausdruck, teils nahtlosen Übergängen, immer wieder zum Essenziellen: Zum Erfindungsreichtum des „Damaligen“ und der Flöte als Verlängerung des Atems und damit des Lebens. Großer Applaus für ein exzellentes Konzert.

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