Kreis Kleve Der ausgestorbene Vogel

Kreis Kleve · Seit mehr als 30 Jahren gilt der Schwarzstirn-Würger in Deutschland als ausgestorben. Dann aber entdeckte Winfried Arntz den etwa 20 Zentimeter großen Brutvogel in Schenkenschanz. Das Tier war auf der Durchreise.

 Die Entdecker: Winfried Arntz (links) und Achim Vossmeyer vom Naturschutzzentrum Bienen.

Die Entdecker: Winfried Arntz (links) und Achim Vossmeyer vom Naturschutzzentrum Bienen.

Foto: evers

Sollte sich seine Vermutung bewahrheiten, dann wäre es — besonders für Ornithologen, also Vogelkundler — eine Sensation. Darum fährt Winfried Arntz nicht weiter, als er den Vogel in seinem Seitenspiegel entdeckt, sondern wartet.

 Die Entdeckung: Der von Arntz

Die Entdeckung: Der von Arntz

Foto: Arntz

7.50 Uhr ist es an diesem Morgen, und der 51-Jährige harrt in seinem Auto, das er in Schenkenschanz abgestellt hat, länger als eine Stunde aus. Den Blick wendet er nicht von dem Feld, in dem er das Versteck vermutet.

Und dann endlich fliegt der Vogel tatsächlich raus aus dem Gebüsch, das Arntz so lange aus gut hundert Metern Entfernung anvisiert hat, "und ich halte mit meiner Kamera drauf, was das Zeug hält". Beim Anblick der Bilder ist er sich sicher: Er hat einen Schwarzstirn-Würger gesehen.

Die Bestätigung

Seit mehr als 30 Jahren gilt die Art in Deutschland als ausgestorben. "Als ich das entdeckt habe, wurde ich richtig nervös", sagt er. "Ich wusste sofort, dass ich etwas ganz Seltenes gesehen habe." Darum schickt er seine Aufnahmen gleich an eine Seltenheits-Kommission.

Die antwortet aber nicht direkt, sondern erst Wochen später. "Als ich endlich die Bestätigung bekommen habe, habe ich mich richtig gefreut", sagt der Gärtner aus Griethausen. Einen Preis bekomme er dafür zwar nicht, aber "als leidenschaftlicher Ornithologe, der ich seit meinem achten Lebensjahr bin, ist das eine tolle Sache".

Der Schwarzstirn-Würger, ein etwa 20 Zentimeter großer Brutvogel, der als charakteristisches Merkmal eine schwarze Stirn hat, ist heute nur noch von Ost- und Südosteuropa bis Zentralasien verbreitet. In Mitteleuropa, zu das die Vogelkundler auch die baltischen Staaten sowie die Ukraine und Rumänien zählen, gibt es nur noch 5000 bis 8000 Brutpaare.

Zum Vergleich: Im gleichen Gebiet gibt es zehn bis 30 Millionen Brutpaare der Amseln. Um zu überwintern fliegt der Schwarzstirn-Würger nach Südafrika. "Dieser Piepmatz war ein Querschläger, der sich verirrt hat", sagt Experte Arntz. "Ein Kollege hat ihn tags darauf noch einmal an gleicher Stelle gesehen." Seitdem aber ist er weitergezogen.

"Meine größte Entdeckung"

Winfried Arntz arbeitet seit 1994 für das Naturschutzzentrum Bienen. Dort erfasst er ehrenamtlich die Brut- und Rastvögel der Region, sucht sie mit dem Fernglas, zählt sie mit Stift und Papier, vermerkt sie in einer Karte und meldet, welche Arten gefährdet sind. "Einige andere seltene Vögel habe ich auch schon gesehen, wie den Purpurreiher, die Sumpfeule oder die Wiesenweihe", sagt er. "Aber diese Entdeckung ist in all den Jahren meine Größte."

(RP)
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