Kleve/Eifel Den Eifel-Charaktertest bestanden

Kleve/Eifel · Zur Vorbereitung auf die Vierdaagse lief die Gruppe des Stein-Gymnasiums 23 Kilometer in der Eifel. Die Sonne, leidige Extrakilometer und lädierte Gliedmaßen bewogen niemanden zur Aufgabe. Die Großveranstaltung kann also kommen.

Wenn die "Walking Stones meet Kandinsky"-Gruppe am 17. Juli vor der Startlinie der Vierdaagse in Nimwegen steht, gibt es kein Zurück mehr. 120 ermüdende und euphorisierende Kilometer wird die 23-köpfige Schülergruppe dann an vier Tagen zurücklegen. Bis es so weit ist, hat Lehrer Michael Thölking den 17 deutschen und sechs Schülern des Kandinsky-College in Nimwegen ein straffes Trainingsprogramm verordnet. Bis zu 600 Kilometer in Gruppenwanderungen und Eigenregie sind die Zielmarke, damit bei dem "Four Days Marches" nichts schief gehen kann. Nun lud der Niederländischlehrer die Kinder zu einer 23-Kilometer-Wanderung in der Eifel ein. "Wer diese schafft, wird auch die Ziellinie bei der Vierdaagse erreichen", erklärte Thölking, dessen siebte Auflage des Projekts im Rahmen des INTERREG-Programms Deutschland-Nederland ermöglicht und von der EU mitfinanziert wird.

Um 6 Uhr trafen die Wanderer zur Abfahrt am Klever Bahnhof ein. Die Tageszeit war schon eine echte Simulation der Vierdaagse, schließlich wartet der Bus auch dann in den frühen Morgenstunden auf die Kinder der Mittelstufe. "Der Termin der Eifelroute bleibt ein Glücksgriff. Das Wetter war immer sehr gut", sagte Thölking. Die Ausrüstung war der intensiven Wanderung angepasst: Wander- oder Sportschuhe, Jogginghosen, multifunktionale Jacken und T-Shirts, Rucksäcke mit integriertem Trinksystem und vor allem jede Menge Proviant zeugten von guter Vorbereitung.

Über Krefeld und Köln erreichte die von Eltern begleitete Gruppe um 10 Uhr den Bahnhof von Nettersheim. Die erste Stärkung nahmen die Wanderer beim Dorfbäcker zu sich, dessen Bärlauchbrötchen einen Vorgeschmack auf die Route durch die Wälder und Felder der Region boten. Den Wegmarkierungen der Eifelsteig-Route nach Kall folgend war bereits der erste Anstieg in die Wälder ein Kraftakt. "Können wir noch umdrehen?", fragten einige Kinder scherzhaft. Schon nach den ersten Kilometern bemerkte Emma Dähne (12): "Es wird bestimmt die schwerste Etappe des Trainingsplans. Aber wir sind alle sportlich und werden das schaffen." Unter dichten Baumkronen, vorbei an Talauen und Feuchtbiotopen mit seltenen Pflanzen erreichten die "Walking Stones" zur Halbzeit das Kloster Steinfeld, um den Beinen Ruhe und den Blasen an den Füßen eine Behandlungspause zu gönnen. "Noch macht es mir großen Spaß. Am anstrengendsten sind definitiv die Steigungen. Glücklicherweise aber geht es immer wieder runter. Die Aussicht auf den Hügeln ist großartig", sagte der 11-jährige Jan Schubert, der mit seinem Bruder und seinen Eltern teilnimmt und sich im Laufe der Wanderung zum Bindeglied zwischen den niederländischen und deutschen Schülern entwickelte. Mit einem internationalen "Ich sehe was, was du nicht siehst" und kurzen Strophen einiger Wanderlieder unterhielt er seine Mitstreiter. "Diese Wanderung ähnelt dem Lauf am dritten Tag in Groesbeek optimal, wenn es über die sieben Hügel geht. Ich bin sehr zuversichtlich. Wir haben es hier mit einer selektierten Gruppe zu tun, die bereits viel trainiert hat und bereit ist, eine ganze Ferienwoche zu opfern", sagte Thölking. Zunehmend aber wurde die Gruppe ob der Anstrengung wortkarg. Die aus Boxen erklingende Musik drängte immer mehr in den Vordergrund. Ständig musste Thölking die gleiche Frage beantworten: "Wie lange ist es noch?". Das Tempo spitzte sich final noch zu, da der Zug um 16 Uhr auf die Jugendlichen wartete. Die Rechnung aber war nicht mit dem RP-Reporter gemacht worden, der für Hintergrundgespräche Schüler von der Gruppe abgekoppelt hatte. Es kam, wie es kommen musste. In den Wäldern der Eifel verloren sich die Wanderer; knapp sechs Kilometer extra und eine verspätete Abreise waren der Preis für zu lange Interviews, fehlende Ortskenntnis und sich irrende GPS-Geräte. Und dennoch: Mit vereinten Kräften erreichten alle das Ziel. "Bei diesen Ehrenrunden lernt sich die Gruppe doch richtig kennen. Erst tut es nur weh. Hinterher ist das eine tolle Erfahrung", sagte Mitorganisator Rob Janssen, der anfügte: "Ich habe es selten erlebt, dass man in der Eifel niemanden mitschleppen musste. Alle haben es heute aus eigener Kraft geschafft." Im Zug angekommen ließen sich die Läufer tief in ihre Sitze fallen, um am späten Abend in die Schwanenstadt zurückzukehren. "Es war eine sehr schwere Wanderung. Aber jetzt bin ich optimistisch, dass wir es schaffen", sagte Desi Hopmans (12). "Ich bin stolz auf meine Tochter. Sie wird die Vierdaagse packen", fügte ihr Vater Gerard an. Nicht nur Optimismus teilten alle Weggefährten, sondern auch einen klaren Wunsch: "Jetzt geht es nur noch auf die Couch, um die Füße hochzulegen", so Finn Schubert (13).

(RP)
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