Kranenburg Das Risiko mit dem komischen Protest

Kranenburg · Die Galerie Ebbers in Kranenburg zeigt ab Sonntag Installationen, Objekte und Bilder der Leipziger Künstlerin Franziska Reinbothe. Die Künstlerin macht ihre Bilder per "Neuformatierung" zum Objekt.

 Eine aufgeklappte Leinwand.

Eine aufgeklappte Leinwand.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Zunächst scheint es Farbmalerei zu sein: Am Boden liegt das mit mehreren Farbschichten überzogene, unfertige Bild. Auf die auf den Keilrahmen gespannte Leinwand kommt noch eine Schicht - eine dickflüssige Mischung aus Pigment, Speiseöl, dem kalten Kaffee von gestern, Lackresten. Die Masse wird auf das Bild geschüttet, impulsiv mit einem Besen auf der Fläche verteilt, sie spritzt über die Ränder hinaus, offenbart die Spuren der Arbeit, die die Bewegung macht. Später zeigt die getrocknete Schicht, wie die Farbe eingebürstet ist, zeigt Sprünge.

Und dann, tags drauf, der Akt, der aus dem Bild erst das fertige Objekt macht. Eines jener Objekte von Franziska Reinbothe, die die Galerie Ebbers jetzt erstmals am Niederrhein zeigt. Die 34-Jährige in Leipzig lebende Malerin zerbricht das Bild übers Knie. Sie zerstört es. Die Leisten des Rahmens gucken wie geborstene Rippen heraus, die Leinwand wölbt sich, wird gewickelt. Reinbothe verwendet für diesen Akt einen Begriff aus der Computersprache "Neuformatierung". Windows versteht darunter das "Konfigurieren des Datenträgers mit einem Dateisystem". Der Vor- oder Nachteil: "Durch das Formatieren werden alle vorhandenen Dateien auf einer Festplatte gelöscht", so der amerikanische Computer-Riese Windows. Reinbothes Bilder werden durch die scheinbare Zerstörung, eben das "Neuformatieren", aber nicht gelöscht, sie werden eher erweitert, drastisch verändert. Die Leinwand bäumt sich auf, oder sie wird gerollt wie ein Vorhang, die Leisten des Rahmens werden neu sortiert.

Es ist kein einfacher Schritt, die zuvor mühevoll entstandene Bilder zu zerbrechen, zu formatieren, sagt Reinbothe: "Jedes Mal muss ich erneut das Risiko eines potenziellen bildnerischen Scheiterns wagen -nicht einfach ist das. (...) Es kostet mich zwar jedes Mal viele Nerven, aber ich brauche diese regelmäßige Selbstüberwindung und Risikobereitschaft, um das Bild für mich gültig werden zu lassen", sagt die Künstlerin. Erst ganz zum Schluss bekommen die Bilder, die auch "Ohne Titel" eine gute Figur abgeben würden, ihren Titel. So titelt eine Reihe von wie Schilder aufgestellter Leinwände "Komischer Protest mit offensichtlicher Festlegungsvermeidung". "Ein anderes heißt "Etwas dröge Bühnensituation zu recht unbespielt". Das sieht aus, wie ein altes Guckkastentheater - die Leinwand ist wie ein Bühnenvorhang nach rechts gezogen.

 Galerist Klaus Ebbers neben der Installation von Franziska Reinbothe "Komischer Protest".

Galerist Klaus Ebbers neben der Installation von Franziska Reinbothe "Komischer Protest".

Foto: Stade

Andere Installationen erinnern wiederum an Beuys, sagt Galerist Klaus Ebbers. Wenn dort eine gerollte Leinwand mit herausschauender Leiste auf dem Boden liegt, habe man auch die Beuys-Aktion "der Chef" vor Augen, ein anderes heißt "Zeige deine Schwachstelle". Hier sieht sich Ebbers an das Werk von Beuys "Zeige deine Wunde" erinnert. Mit Reinbothe wollen die Galeristen Sharon und Klaus Ebbers eine neue Position in ihre Galerie bringen, die nicht auf die bis jetzt überwiegend vertretenen Künstler der Münchner Schule zurückgreift. Die 1980 in Berlin geborene Reinbothe studierte an der Leipziger Kunstakademie und an der Kunsthochschule Bergen in Norwegen. Sie war Meisterschülerin bei Ingo Meller, Stipendiatin und für verschiedene Kunstpreise nominiert. Die Ausstellung wird im Beisein der Künstlerin am Sonntag, 24. Mai, 15 bis 18 Uhr eröffnet. (Bis 28. Juni).

(RP)
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