Kreis Kleve Computerspiele testen für das Kreis-Jugendamt

Kreis Kleve · Wichtig sind der pädagogische Aspekt, Grafik und Benutzerfreundlichkeit. Die Tests werden veröffentlicht.

 Christoph Koester, Jonathan Stoffel, Tim Friedl (v.l.) testen Computerspiele, betreut werden sie von Siegfried Wolff und Thomas Robertz,

Christoph Koester, Jonathan Stoffel, Tim Friedl (v.l.) testen Computerspiele, betreut werden sie von Siegfried Wolff und Thomas Robertz,

Foto: Stade

Schlaflose Nächte, die kennt Tim Friedl. Er ist Spieletester für das Jugendamt des Kreises Kleve. "Um 23 Uhr habe ich mich hingesetzt und wollte nur eine Stunde spielen. Plötzlich war es fünf Uhr morgens." Das war wohlgemerkt in den Semesterferien. 19 Stunden hat ihn das PC-Spiel "Alan Wake" gefesselt, gespielt hat er meist in Drei-Stunden-Etappen.

Dennoch: "Die Computerspieler sind grundsätzlich keine Suchtis", stellt Siegfried Wolff vom Kreisjugendamt Kleve klar. Er betreut die Gruppe der Spieletester, die rund ums Jahr PC-Spiele testen. "Wenn ein Erwachsener sich in die virtuelle Welt eines Buches begibt und eine ganze Nacht durchliest, sagt auch keiner, dass er lesesüchtig ist", sagt Wolff.

Andererseits gebe es auch Spiele, die über die Belohnungsschiene arbeiten. "Der Suchtfaktor definiert sich über die Belohnungsstruktur", erklärt der Sozialpädagoge. "Die Stoffe, die im Gehirn freigesetzt werden durch die Belohnung, docken an die gleichen Rezeptoren an wie Wirkstoffe von bestimmten Drogen. Serotonin wird freigesetzt und der Spieler fühlt sich wohl." Nicht umsonst macht Wolff auch Suchtprophylaxe. Es gebe durchaus Spiele, die mit solchen Strukturen arbeiten.

Bis zu drei Monate nehmen sich die jugendlichen Spieletester Zeit, um ein Spiel genau zu überprüfen. "Hauptsache es macht Spaß", nennt Thomas Robertz einen entscheidenden Faktor. Nach dem eigentlichen Spielen nimmt er sich zwei, drei Stunden Zeit, um eine Bewertung zu schreiben. "Darin geht es unter anderem um die Spielinhalte, was ich als Spieler tun kann, aber auch um die Qualität der Grafik und die Benutzerfreundlichkeit", sagt Spielerkollege Jonathan Stoffel. Er hat mit seinen Eltern vereinbart, dass er nur am Wochenende spielt. Auch Tim hat, seitdem er vom Studium in die Arbeitswelt gewechselt ist, nicht mehr ganz so viel Zeit fürs Spiel. Schlaflose Nächte gibt es deswegen nicht mehr.

"Ich krieg die Krise, wenn ich lese, dass Killer-Spiele Amokläufe verursachen", sagt Tim. Der Sozialpädagoge Wolff bestätigt, dass das eine verkürzte Diskussion sei. "Computerspiele sind nur ein Mosaikstein, aber nicht die Ursache", sagt Wolff. "Bei solchen Tätern liegen immer disoziale Persönlichkeitsstörungen vor. Es war nie erst das Computerspiel da, sondern erst war die Störung."

Tim kann dem Spielen am PC sogar viele positive Aspekte abgewinnen. "Es entspannt mich", sagt der 22-Jährige. "Das ist natürlich nur bei bestimmten Spielen so", ergänzt Wolff. Dazu zählt er sogenannte Aufbauspiele. Favorit des 14-jährigen Christoph Koester ist Anno 1404.

Mittlerweile sind 400 Spiele von den Jugendliche getestet worden. Wie die Spiele abgeschnitten haben, steht auf der Internetseite des Kreises Kleve unter www.kreis-kleve.de/computer. Ab heute werden in loser Reihenfolge einzelne Spielebewertungen auf der Seite "Fürs Leben" in der RP vorgestellt.

(RP)
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