Caritas Kleve warnt Immer mehr Menschen leben unter dem Existenzminimum

Kleve · Hohe Energiekosten, steigende Preise für Möbel, Mobilität und Lebensmittel – die Inflation setzt Menschen, die ohnehin schon wenig Geld haben, immer mehr unter finanziellen Druck. Die Caritas fordert Anpassungen vom Staat.

 Im vergangenen Jahr verzeichnete die Sozialberatung der Caritas Kleve mehr als 500 Klienten.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Sozialberatung der Caritas Kleve mehr als 500 Klienten.

Foto: dpa/Armin Weigel

(RP) Die Caritas Kleve erwartet in den nächsten Wochen und Monaten einen hohen Beratungsbedarf zum Thema Grundsicherung. „Schon jetzt zeichnet sich ab, dass immer mehr Menschen Schulden machen müssen, um ihre steigenden Energiekosten zu begleichen“, sagt Sozialberaterin Gabriele Arns. „Die Pauschale für Sozialhilfebezieher liegt aktuell bei 38,07 Euro für Energie und Instandhaltung. Doch wer kommt damit noch aus? In Wahrheit liegen die monatlichen Abschlagskosten doch schon bei 50 Euro und mehr. Tendenz steigend.“

„Und diese Mehrkosten“, erklärt ihr Kollege Stefan Schraven, „werden nicht vom Staat ausgeglichen. Im Gegenteil, sie gehen vom Existenzminimum ab.“ Arns und Schraven, die beim Caritasverband Kleve in der Sozial- und Flüchtlingsberatung beziehungsweise in der Sozial- und Schuldnerberatung arbeiten, machen auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam: „Immer mehr Menschen leben unter dem Existenzminimum, die Inflation setzt sie zunehmend unter finanziellen Druck. Strom, Möbel, Mobilität, Lebensmittel – alles wird teurer.“

Ende Dezember forderte bereits der Deutsche Caritasverband Anpassungen beim Regelbedarf für Hartz IV-Bezieher. Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa sagte damals: „Die Stromkosten sind nicht hinreichend gedeckt. Wir dürfen Energiearmut nicht sehenden Auges akzeptieren.“ Heinz-Josef Kessmann, Direktor des Diözesancaritasverbandes Münster, zieht nach: „Seit Jahren kritisieren wir die Berechnungsgrundlagen als realitätsfern. Die Inflation vergrößert die Lücke aktuell weiter. Zum Jahresbeginn ist der Regelsatz um drei Euro oder 0,67 Prozent auf 449 Euro angehoben worden bei einem Preisanstieg von knapp fünf Prozent in 2021. Damit dreht sich die Armutsspirale weiter.“

Grundsätzlich können Menschen, deren Einkommen zum Leben nicht ausreicht, einen Antrag auf aufstockende Leistungen oder Wohngeld stellen. Zur Bedarfsberechnung dient der Regelsatz. Dieser umfasst Leistungen zur Sicherungen des Grundbedarfs. Darin enthalten sind Kosten für Lebensmittel, Körperpflege, Kleidung und Hausrat, Strom (ohne Heizung) sowie Freizeit, Verkehr, Post und Kommunikation. „Alleinstehende Erwachsene erhalten 449 Euro im Monat“, sagt Stefan Schraven. Familien erhalten pro Person einen abgestuften Regelsatz, hinzu kommen Pauschalen für Bildung und Teilhabe sowie die Bruttowarmmiete.

In Kleve liegt diese aktuell bei 520 Euro für eine Person und 860 Euro für vier Personen. Darin enthalten sind Grundmiete, Heiz- und Nebenkosten. Im Vergleich zum Vorjahr wurde dieser um 40 beziehungsweise 100 Euro erhöht. Dass dies von Nöten war, zeigt ein Blick in den aktuellen Mietspiegel der Stadt Kleve (Stand: 1. August 2021). Hier liegt der Richtwert zwischen 319 und 481 Euro (bis 55 Quadratmeter) beziehungsweise zwischen 515 bis 793 Euro (95 Quadratmeter). „Tatsächlich kamen die meisten Sozialhilfebezieher in den vergangenen Jahren mit der angemessenen Bruttowarmmiete nicht aus. Die Mehrkosten gingen wiederum vom Existenzminimum ab.“

2021 verzeichnete die Sozialberatung der Caritas Kleve 570 Klienten, 131 davon suchten wegen Sozialleistungen die Beratungsstellen auf. Bei der Schuldner- und Insolvenzberatung waren es 1489 Menschen. Mehr als die Hälfte davon (762) beziehen Hartz IV-Leistungen.

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