Kalkar Bürgermeisterin meidet Kalkars Kriegerdenkmal

Kalkar · Morgen findet in Kalkar die Gefallenenehrung statt. Wegen des Spruchs auf dem Denkmal, der an ein Hitler-Zitat angelehnt ist, erfolgt das Gedenken an anderen Stellen. Rat nicht um Zustimmung gebeten.

 Die Vorderseite des Kalkarer Ehrenmals, das auf einer Grünfläche an der Altkalkarer Straße setht.

Die Vorderseite des Kalkarer Ehrenmals, das auf einer Grünfläche an der Altkalkarer Straße setht.

Foto: Gottfried Evers

Bürgermeisterin Britta Schulz hat eine erste Entscheidung getroffen, mit der sie zumindest bei einigen Bürgern, die die jüngste öffentliche Ratssitzung besuchten, auf Unverständnis stieß. Unter dem Tagesordnungspunkt "Einwohnerfragen" von Elisabeth van Gemmeren darauf angesprochen, erklärte Schulz, dass sie die Toten- und Gefallenenehrung am morgigen Totensonntag nicht, wie in Kalkar bisher üblich, am Ehrenmal vornehmen werde. "Angesichts der inzwischen bekannt gewordenen Herkunft der Inschrift halte ich es für unmöglich, dort ein ehrendes Gedenken zu veranstalten." Ein Historiker hatte im Mai dieses Jahres öffentlich gemacht, dass der Spruch auf der Rückseite des Denkmals einem Satz aus ,Mein Kampf' von Adolf Hitler entlehnt ist.

"Mögen Jahrtausende vergehen, man nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken", steht auf dem Kriegerdenkmal, an dem jahrzehntelang Kalkars Bürgermeister und hochrangige Militärs Kränze niederlegten. Als das Denkmal 1936 eingeweiht wurde, lag nur der Erste Weltkrieg hinter den Deutschen, Hitlers Propagandaschrift war da aber schon zehn Jahre auf dem Markt.

 Diese Inschrift auf der Rückseite des Ehrenmals in Kalkar ähnelt weitgehend einem Zitat aus Hitlers "Mein Kampf" - das Buch ist in Deutschland verboten.

Diese Inschrift auf der Rückseite des Ehrenmals in Kalkar ähnelt weitgehend einem Zitat aus Hitlers "Mein Kampf" - das Buch ist in Deutschland verboten.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Für den Historiker Hans Hesse war eine "konsequente Lösung" des Problems unvermeidbar: Seiner Ansicht nach müsste das Denkmal abgerissen werden. "Das wäre die insgesamt glaubwürdigste Distanzierung von Denkmal und Inschrift", heißt es in der Internet-Veröffentlichung des Wissenschaftlers.

Wie Britta Schulz künftig mit dem Denkmal umgehen möchte, dazu sagte sie noch nichts. Bürgerin van Gemmerin hatte beanstandet, dass Schulz die Entscheidung, die Veranstaltung zu verlegen, ohne den Rat getroffen habe. Wenn es um die grundsätzliche Zukunft der Gedenkstätte gehe, werde die Politik selbstverständlich einbezogen, so die Bürgermeisterin.

Bei CDU und FDP kann sie sich da schon mal auf Widerspruch einstellen. Boris Gulan (FDP) zum Beispiel sagte im Rat, es sei nicht richtig, die Kalkarer Tradition zu unterbrechen. Ob die Bürgermeisterin die Gedenkstätte künftig gar nicht mehr besuchen, sie gar schleifen lassen wolle? CDU-Kollege Carsten Naß wollte wissen, ob das Thema demnächst auf der Tagesordnung einer Ausschuss- oder Ratssitzung zu finden sein werde. "Ja", antwortete darauf Schulz. Theo Reumer (CDU) fragte an, ob denn das Griether Denkmal, das ebenfalls einen zumindest irritierenden Spruch zeigt, nun ebenfalls mit Konsequenzen rechnen müsse. "Das Vaterland soll leben, auch wenn wir sterben müssen", ist darauf zu lesen. Historiker Hesse findet diesen Satz "noch schlimmer" als das Hitler-Zitat.

Wilfried van Haag, immer für unbequeme Bürger-Fragen gut, brachte sich auch in diese Debatte ein. In Frageform, wie es die Gemeindeordnung verlangt, gab er zu bedenken, dass ein solcher Satz, selbst wenn er nicht während des Nationalsozialismus entstanden sei, heute doch kaum mehr zu akzeptieren sei. Harald Münzner wies darauf hin, dass der Heimatdichter Heinrich Lersch das Gedicht, aus dem der Vers stammt, während des Ersten Weltkriegs geschrieben habe.

Die morgige Gefallenenehrung (die in den meisten Kommunen am Volkstrauertag stattfindet, in Kalkar aber immer erst am Totensonntag) soll wie folgt ablaufen: Treffpunkt um 12 Uhr am Markt, von dort aus ziehen die Teilnehmer in einem Trauermarsch durch die Altkalkarer Straße bis zum Teich. An der dortigen Gedenktafel für die jüdischen Mitbürger werde - und eben nicht am Ehrenmal - der Kranz niedergelegt. Danach gehe es zum städtischen Friedhof, der im hinteren Teil Soldatenfriedhof ist. Laut Münzner wissen die Vereine und Verbände darüber seit zwei Wochen Bescheid. Die Presse zu verständigen sei wohl vergessen worden.

(RP)
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