Kalkar Bewohner des Oybaum geben nicht auf

Kalkar · Viele Bewohner der Kalkarer Ferienhaussiedlung fühlen sich getäuscht, vor allem von der Stadt und der Immobilienfirma, die jahrelang die Vermarktung des Gebiets übernahm. Entscheid der Bezirksregierung steht an.

 Claudia Michels und ihr Mann Dirk Grieß mit Hund vor ihrem Häuschen am Oybaum.

Claudia Michels und ihr Mann Dirk Grieß mit Hund vor ihrem Häuschen am Oybaum.

Foto: Anja Settnik

Immer mehr Bewohner des Ferienhausgebiets Oybaum melden sich zu Wort, um auf ihre missliche Situation aufmerksam zu machen. Die Schuld am absehbaren Wertverlust ihrer Immobilien geben sie vorrangig der Stadt Kalkar, denn die habe sie in vergangenen Jahren regelrecht als Käufer angelockt, sagen viele. Ende der 90-er Jahre hatte eine Immobilienfirma die bis dahin schleppende Vermarktung von der Stadt übernommen und den Interessenten "Wohnkultur am See" in Aussicht gestellt. Schön leben in der Nähe eines idyllischen Gewässers ist dort in der Tat möglich, aber eigentlich nur an den Wochenenden. Denn der "Oybaum" ist nicht für dauerhaftes Wohnen gedacht (die RP berichtete mehrfach).

"Heute kann sich sicherlich niemand mehr auf Nicht-Wissen berufen, aber als wir kauften, war nicht ersichtlich, dass es Einschränkungen ab", sagt Claudia Michels. Zwar wussten sie und ihr Mann Dirk Grieß von dem "Sondergebiet", aber sie hätten aus eigenem Antrieb nachgefragt, was das bedeute, hätten auf entsprechenden Antrag den ersten Wohnsitz eingeräumt bekommen und später an ihrem Haus Umbauten durchführen dürfen. Eine Baulast sei im Grundbuch nicht eingetragen, es schien mit dem Grundstück also alles in Ordnung zu sen. "Ich habe hier auch ein Gewerbe angemeldet", sagt Grieß, der auch darin ein stillschweigendes Akzeptieren der Stadt für Dauerwohnen erkennt. Und tatsächlich hat Stadtbaurat Frank Sundermann in verschiedenen öffentlichen Sitzungen darüber gesprochen, dass die deutliche Mehrheit der Besitzer tatsächlich dauerhaft im Oybaum wohne.

Die Eltern von Grieß seien Erwerber der ersten Stunde gewesen, hätten den Sohn mit Familie davon überzeugt, dass es doch schön wäre, nahe beieinander zu leben. Ein nettes Haus im Grünen, nicht zu groß, aber nahe an der attraktiven kleinen Stadt Kalkar - das habe auch seine Frau überzeugt. Bis heute fühlt sich das Paar in dem ruhigen Gebiet wohl - wäre da nicht die Sorge, womöglich nicht dauerhaft dort wohnen bleiben oder das Haus verkaufen zu müssen. "Wir sind ja keine reichen Leute, die ein Zweithaus suchten. Als wir kauften, arbeitete ich noch in Essen und fuhr dort jahrelang täglich hin. Ich habe Wohnbauförderung für den Oybaum bekommen und dieses Haus als Absicherung des Alters angesehen", berichtet Dieter Thomas. Wenn er und seine Frau Karin vielleicht eines Tages nicht mehr alleine dort draußen leben könnten, war daran gedacht, die Immobilie zu einem guten Preis wieder zu verkaufen. "Aber jetzt, wo wir nur noch ein Ferienhaus anbieten können, ist der Wert natürlich dramatisch gesungen", sag Karin Thomas. Ein wunderschönes Holzbohlenhaus besitzt das Ehepaar, genau in der richtigen Größe für Eltern, deren Kinder und Enkel nur noch zu Besuch kommen. Ein pflegeleichter Garten, gute Nachbarschaft - so hatte man sich das alles vorgestellt. "Aber hätte ich gewusst, wie sich die Situation entwickelt, hätten wir natürlich im Leben nicht gekauft", sagt Dieter Thomas. Andere "Oybaumer", die Häuser aus zweiter Hand kauften, führen auch private Klage, weil sie sich getäuscht fühlen, denn ihnen seien wider besseres Wissen normale Einfamilienhäuser verkauft worden.

Theresia Brodowski erinnert sich noch gut daran, wie sie und ihr Mann, als sie sich für den Oybaum entschieden, vom Immobilienbüro versichert bekamen, um die Anmeldung des ersten Wohnsitzes würde man sich gerne kümmern. Tatsächlich bereitete der Antrag kein Problem: Zahlreiche Menschen arrangierten sich mit den wenigen Besonderheiten des Sondergebiets - etwa, dass Garagen nicht gestattet sind und die Häuser nicht mehr als 100 Quadratmeter groß sein dürfen.

Die Anlieger sehen mit Unruhe dem Entscheid der Bezirksregierung entgegen, der bis Ostern vorliegen soll. Eine "vernünftige Lösung" hat die Bezirksregierung gegenüber der Rheinischen Post in Aussicht gestellt. Aber nicht verschwiegen, dass ein "Dauerwohnen" in Ferien- und Wochenendgebieten gemäß Baugesetzbuch des Bundes nicht zulässig ist. Folgerichtig habe die Bezirksregierung einer kürzlich von Betroffenen beantragten Änderung des geltenden Planungsrechts nicht zugestimmt. Wer jetzt die Anzeigen von Maklern liest, wird übrigens den Hinweis finden, dass es sich um Wochenendhäuser handelt. In der Zukunft soll es keine Missverständnisse mehr geben.

(RP)
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