Kleve Betuwe mitten durch Kleve

Kleve · Sommerloch-Thema oder Überlegungen mit realem Hintergrund? Eine Studie schlägt vor, die Betuwe auf die linke Rheinseite zu verlegen – von Kleve bis Krefeld. Dann müsste auch eine neue Brücke über den Rhein gebaut werden.

Kleve: Betuwe mitten durch Kleve
Foto: Evers

Sommerloch-Thema oder Überlegungen mit realem Hintergrund? Eine Studie schlägt vor, die Betuwe auf die linke Rheinseite zu verlegen — von Kleve bis Krefeld. Dann müsste auch eine neue Brücke über den Rhein gebaut werden.

Eine Studie sorgt für reichlich Wirbel. Nach der Streichliste des Bundes das zweite brisante Papier zu der Güterverkehrsstrecke Betuwe-Linie. Das dicke Gutachten hat das Bundesumweltamt in Auftrag gegeben, um zu prüfen, wie der Güterverkehr auf der Schiene verdoppelt werden kann, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Und eben diese Studie nimmt auch direkt die Betuwe-Linie ins Visier. Unstrittig sie die Notwendigkeit der Strecke, heißt es.

Fraglich sei das Wo und Wie der Strecke. "Das Ausbauvorhaben Emmerich—Oberhausen kann in seiner Konzeption nicht überzeugen, weil die Kosten von 1,1 bis 1,4 Milliarden Euro für 60 Kilometer drittes Gleis plus umfassenden Lärmschutz deutlich zu hoch sind", heißt es wörtlich. Es sei daher sinnvoll, alternative Routen wie die Strecke Elten — Kleve-Krefeld-Düsseldorf vorzuplanen. Auch deshalb, weil die Streckenführung der Betuwe auf rechtsrheinischer Seite durch dicht besiedeltes Gebiet mit 55 Bahnübergängen verlaufe.

Genaue Vorschläge

Die Studie macht auch genaue Vorschläge, wo die Route verlaufen könnte. Von Elten soll die Strecke abzweigen und über die Altrhein-Brücke Griethausen führen. Von dort soll die Trasse dann über Goch und Krefeld führen. "Wir schlagen vor, das ernsthaft zu prüfen", heißt es. Die Strecke sei gleich lang (70 Kilometer), führe aber durch dünner besiedeltes Gebiet und meide den Abschnitt Oberhausen-Duisburg. Baulich müsste das zweite Gleis zwischen Kleve und Geldern auf 35 Kilometer gelegt sowie die Strecke Elten Kleve elektrifiziert werden. Die Studie hat keinerlei bindenden Charakter. "Es ist eine Empfehlung von uns, wie die C02-Bilanz verbessert werden kann. Wir sehen uns als eine Art Denkfabrik, die Alternativen aufzeigt", so Stephan Gabriel Haufe vom Umweltbundesamt.

Interessant ist, dass die Studie auch auf die angespannte Haushaltslage verweist. Dadurch sei es nicht möglich, die beiden Projekte RRX und Betuwe in den nächsten Jahren in Angriff zu nehmen. "Trotz politischer Vorfestlegungen sollte noch einmal zügig, intensiv und ergebnisoffen nachgedacht werden", wird in dem Papier vorgeschlagen. Die Studie ist allein auf Initiative des UBA entstanden und mit den Verkehrsministerium nicht abgestimmt. Dort haben die Verantwortlichen die Expertise aber zur Kenntnis genommen und ganz genau gelesen. "Eine Stellungnahme dazu geben wir aber nicht ab", hieß es gestern aus dem Verkehrsministerium. Das gelte auch für die Frage, ob die Route angesichts der angespannten Lage überhaupt noch zu finanzieren sei.

In der Kreisstadt Kleve ist man völlig fassungslos. Bürgermeister Theo Brauer: "Mir fehlen die Worte. Die Studie ist völlig irreal. Das ist ein reines Wolkenkuckucksheim. Auch politisch ist das Vorhaben undenkbar und würde linksrheinisch eine Protestbewegung ins Leben rufen, die nie aufhört, und an deren Spitze ich mich setzen würde". Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer spricht von einer "niemals vorstellbaren Utopie". Rauer hat sich die Trassenführung vorgenommen und entdeckt, "dass die Schienen mitten durch das gerade errichtete Hochschulgebäude führen würden".

Und CDU-Stadtverbandschef Jörg Cosar bringt die Ansicht der Klever Stadtspitze auf den Punkt: "Das Ganze ist hirnrissig. Die Studie ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit".

(RP)
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