Therapie für Kinder Die Therapiekühe von Bedburg-Hau

BEDBURG-HAU · Hasen und Hühner füttern, Kühe streicheln und auf Pferden reiten: Bei Nadine Reintjes können Kinder in Till ihre Fähigkeiten trainieren, Spaß haben und zur Ruhe kommen. Eltern berichten von spürbaren Erfolgen.

 Kühe sind Herdentiere und bei Nadine Reintjes auch durch die Kinder nicht aus der Ruhe zu bringen.

Kühe sind Herdentiere und bei Nadine Reintjes auch durch die Kinder nicht aus der Ruhe zu bringen.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Ganz gemütlich liegen die Kühe auf der Wiese im Sonnenschein. Der fünfjährige Daniel lehnt sich an ein Exemplar, das liebevoll „Schätzelein“ genannt wird. Er setzt sich auf seinen Rücken, umarmt es und streichelt seinen Bauch. Die gleichmäßige Atmung der Kuh beim Wiederkäuen wirkt sich auch tiefenentspannend auf Daniel aus. Er kommt zur Ruhe und kann die Nähe des Tieres genießen.

Die gelernte Heilerziehungspflegerin, Nadine Reintjes, bietet seit dem Frühjahr tiergestützte Angebote für verhaltensauffällige, schwer traumatisierte oder missbrauchte Kinder auf ihrem Bauernhof in Bedburg-Hau-Till an. Momentan kommen drei Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren einmal die Woche zu ihr. So auch der fünfjährige Daniel*.

„Wir fangen immer bei den Hasen an“, sagt Nadine Reintjes, „Daniel mag die Struktur, es fällt ihm sofort auf, wenn etwas anders ist.“ Nachdem die beiden die Hasen gefüttert haben, gehen sie zu den Pferden. „Letztes Mal haben wir die Pferde sogar bunt angemalt“, berichtet Daniel. Neben den klassischen Therapietieren, den Pferden, arbeitet Reintjes auch mit anderen Tieren, wie Kühen, Hühnern, Hunden und Hasen. „Am meisten hört man von der Reittherapie, allerdings gibt es auch viele andere Tiere, die nützlich für die Therapie sein können“, sagt Reintjes.

Da Pferde Fluchttiere sind, ist es generell schwieriger, mit ihnen zu arbeiten. Die Kuh als Herdentier strahlt im Gegensatz eine viel größere Ruhe aus und wirkt somit tiefenentspannend. Auch das Füttern der Hühner gefällt Daniel. Hühner sind sehr kommunikative Tiere, hier gibt es viel Interaktion zwischen Mensch und Tier.

Nach einer Stunde wird Daniel von seiner Pflegemutter abgeholt. Sie berichtet, dass Daniel, der normalerweise Einschlafschwierigkeiten hat, abends viel besser einschlafen könne, seitdem er zu Nadine Reintjes geht. „60 Minuten sind genau die richtige Zeit für eine Einheit“, sagt Reintjes. Besonders bei Kindern mit einer hohen Ablenkungstendenz, die häufig wegrennen, könne eine Stunde schon kräftezehrend sein. Aber die Arbeit mit den Kindern in der Eins-zu-eins-Betreuung macht ihr Spaß, besonders wenn Kinder wie Daniel so kooperativ sind und mitarbeiten.

In der tiergestützten Therapie wird das Tier als Zwischenmodul verwendet. Es ist das Medium, um beim Menschen psychische, physische und kognitive Fähigkeiten zu trainieren. Anders als bei der Ergotherapie beispielsweise fällt dabei das Tier in der Therapie nicht auf. Es gibt also keinen typischen Therapiecharakter und man kann vorurteilsfrei seine Kompetenzen trainieren. Deshalb ist es vor allem bei Kindern eine gute Möglichkeit, in der Therapie mit Tieren zu arbeiten. Die Kinder realisieren, dass ihr Verhalten Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere hat, somit werden zum Beispiel emotionale und kommunikative Kompetenzen trainiert. Aber auch Feinmotorik und Körperbewusstsein werden unter anderem in der tiergestützten Therapie gefördert und gefordert.

„Es war immer mein Traum, tiergestützte Angebote für Kinder anzubieten“, sagt Nadine Reintjes, die sich mit „Freiraum Niederrhein“ selbstständig gemacht hat. Neben den tiergestützten Angeboten auf dem Bauernhof bietet sie schon länger Freizeitangebote für Senioren und behinderte Menschen an. Seit diesem Jahr betreut sie nun auch speziell Kinder in der tiergestützten Therapie. Die Leistungen können mit der Pflegekasse abgerechnet werden. Bei Interesse einfach auf der Website www.freiraum-niederrhein.de vorbeischauen oder sich persönlich melden, Telefon 02824 999169.

*Name geändert

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