Ausstellung in Bedburg-Hau „Flächenbrand Expressionismus“ in Moyland

Bedburg-Hau-Moyland · 130 expressionistische Blätter aus der Sammlung Joseph Hierling zeigt Museum Schloss Moyland in seiner neuen Ausstellung. Es seien die Holzschnitte gewesen, die zum Motor der Kunstrichtung wurden, so die Ausstellungsmacher.

  Das „Liebespaar“ im Lampenlicht schnitt der Künstler Arminius Hasemann (1902 bis 1958). Es ist ein Holzschnitt aus dem Jahr 1923 .

Das „Liebespaar“ im Lampenlicht schnitt der Künstler Arminius Hasemann (1902 bis 1958). Es ist ein Holzschnitt aus dem Jahr 1923 .

Foto: Markus van Offern (mvo)

Bedburg-Hau-Moyland Als Kurt Pinthus 1919 seine Gedichtsammlung „Menschheitsdämmerung“ herausgab, waren sechs der dort 23 vertreten Autoren bereits tot. Vier waren im Ersten Weltkrieg gefallen, andere, die noch mit Begeisterung in den Krieg gezogen waren, desillusioniert. Die Menschheitsdämmerung trug als Untertitel „Ein Dokument des Expressionismus“, gilt als das Dokument des Expressionismus – zumindest in der Literatur. Es wurde eine der erfolgreichsten Gedichtanthologien: Denn die Apokalypse, die das Buch beschwört, hat immer Konjunktur. Und gerade die Gegenwart empfindet eine ganz besondere Nähe zu den Jahren rund um den Ersten Weltkrieg, so der Rowohlt-Verlag.

   Direktorin Julia Niggemann, die kommissarische künstlerische Leiterin Barbara Strieder, Museumspädagogin Sarah Lampe und Gastkurator Ron Manheim  .

Direktorin Julia Niggemann, die kommissarische künstlerische Leiterin Barbara Strieder, Museumspädagogin Sarah Lampe und Gastkurator Ron Manheim .

Foto: Markus van Offern (mvo)

Angereichert war das Dokument des Expressionismus mit Porträt-Grafiken der Autoren von den Künstlern Ludwig Meidner, Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck und Egon Schiele. Die Lyrikerin Else Lasker-Schüler steuerte ein Selbstporträt dazu. Else Lasker-Schüler ist auch in der neuen Ausstellung in Museum Schloss Moyland dabei: Eines ihrer Gedichte begleitet als Schrift auf der Wand die Holzschnitte und Grafiken, die Museum Schloss Moyland im kompletten Untergeschoss des Schlosses präsentiert. Sie kommen aus der Sammlung Hierling, ausgesucht hat die Blätter für die Ausstellung, die zuvor schon in Neu-Ulm zu sehen war, Ron Manheim, der lange stellvertretender Direktor von Schloss Moyland war.

130 Bilder hat der Kunsthistoriker zu einer Ausstellung zusammengestellt, die zeigt, wie die Künstler des Expressionimus das Holzschnittartige zur hohen Kunst machten, wie sie von der Menscheitsdämmerung einerseits, dem profanen Alltag andererseits und auch vom Absonderlichen erzählen. Es sind Blätter aus einer Zeit, als die Gewissheiten einer untergehenden Epoche in Frage gestellt wurden, als die Menscheit auf den ersten großen Krieg zusteuerte oder ihn gerade überstanden hatte. Als die Horizonte nicht mehr gerade waren und der Boden unter den Füßen zu wanken schien, als Georg Heym schon 1911 das Menetekel an die Wand schrieb, was passiert, wenn der Krieg erweckt wird.

„Flächenbrand Expressionismus“ hat Manheim die Ausstellung betitelt. Das gelte weniger einem Flächenbrand Krieg, so Barbara Strieder, kommissarische Leiterin von Museum Schloss Moyland, als vielmehr dem Blick auf die enorme Verbreitung, die die Kunst vor und nach dem ersten Weltkrieg nahm. Bevor sie nach und nach von anderen Strömungen überlagert und schließlich von den Nazis als entartet verboten wurde. Wobei bis heute debattiert wird, wie Expressionismus und Nationalsozialismus zueinander standen und sich Künstler und Schriftsteller verhielten, wie die Diskussion um den Maler Emil Nolde zeigt oder wie sich der Lyriker Gottfried Benn einst zunächst positionierte.

Die Ausstellung in Moyland ist nach Themen geordnet. Manheim hat sehr schöne Blätter aus der Sammlung Hierling herausgezogen, die neben der Moyländer Sammlung und einer Sammlung in den USA zu den bedeutendsten Sammlungen von expressionistischer Grafik zähle, so Strieder. Er wolle zeigen, dass die Grafik für die Kunst des Expressionismus so wichtig gewesen sei, sich das Plakative, der Pamphletstil und die Deformation der Gegenstände und Figuren sich hier bedonders ablesen lasse. „Die Werke führen den Betrachtern die große stilistische und thematische Vielfalt vor Augen: Porträt, Akt, Mensch und Natur, Stadtleben, Dorf, Industrie, Varieté, Gesellschaftskritik bis hin zum Weg in die Abstraktion“, sagt Strieder. Für Manheim war der Holzschnitt ein „Motor“ für die ganze Stilbewegung.

Und weil die große und schnelle Verbreitung des Expressionismus, der „Flächenbrand“, wie Manheim und Strieder es nennen, vor allem auch durch Zeitschriften, die Originaldrucke veröffentlichten, erfolgte, sind auch Beispiele dieser Zeitschriften in der Ausstellung zu sehen.

Es sind große Namen versammelt wie Kandinsky, aber auch viele unbekannte, vergessene. Dazu kommen Vertreter der so genannten „verlorenen Generation“, deren Kunst im Dritten Reich unterdrückt wurde und die dadurch nicht mehr bekannt werden konnten. Die Blätter entführen in die Welt der Großstadt, zeigen innige Paare ebenso, wie die Verlorenheit der Menschen, das Elend.

Eröffnet wird die Ausstellung „Flächenbrand Expressionismus. Holzschnitte aus der Sammlung Joseph Hierling“ am Sonntag, 20. März, 15.30 Uhr. Joseph Hierling wird anwesend sein, es spielt Anja Speh. Harry Schmitz, Sprecher des Vorstands der Stiftung Museum Schloss Moyland, wird die Gäste begrüßen.

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