Kleve Balfour – der Klever "Monuments"-Mann

Kleve · Morgen präsentiert George Clooney auf der Berlinale in Berlin seinen neuen Film "Monuments Men". In Kleve fiel der britische Kunstschutzoffizier R.E. Balfour, als er Kirchenschätze rettete.

 Portraitaufnahme des Major Ronald Edmond Balfour.

Portraitaufnahme des Major Ronald Edmond Balfour.

Foto: Stade

Es war vermutlich der Splitter einer verirrten Granate, der ihn tödlich traf: Am 10. März 1945 fiel der Kunstschutzoffizier Major Ronald Edmond Balfour in Kleve. Der Splitter traf ihn, als er versuchte, Klever Kirchenschätze in Sicherheit zu bringen, erzählten Zeitzeugen. Beigesetzt ist der posthum mit der Johanna-Sebus-Medaille ausgezeichnete Kunstschutzoffizier auf dem britischen Soldaten-Friedhof im Reichswald. Er wurde 41 Jahre alt und war unmittelbar hinter der Hauptkampflinie eingesetzt: Seit der Invasion in der Normandie begutachtete er das, was an alter Kunst, Gebäuden oder Archivalien übrig geblieben war. Im Zivilleben arbeitete Balfour als Lektor an der Universität Cambridge. Goch hält ihn als Retter des Steintors in Ehren, das er vor Panzern bewahrte, die es dem Erdboden gleichmachen wollten. Das war am 2. März 1945, acht Tage später war er tot. In Goch erinnert ein Weg in der Nähe des Steintors an den Briten-Major.

 Paul Gerhard Küsters, Vertrauter der Familie Balfour.

Paul Gerhard Küsters, Vertrauter der Familie Balfour.

Foto: privat

Jetzt hat Hollywood-Star George Clooney einen Film über die "Monuments Men" (so auch der Titel des Films, der morgen auf der Berlinale präsentieren wird und der am 20. Februar in den deutschen Kinos anläuft) gedreht. Er erzählt von jenen Soldaten, die verbliebene Kunst sichern, die Beute-Kunst der Nazis aufstöbern und die Depots sichten sollten, in denen Kunsthistoriker und Wissenschaftler deutscher Museen deren Schätze und die aus den Kirchen vor den Bomben in Sicherheit gebracht hatten. Clooney drehte einen spannenden Film über die Arbeit dieser Männer, die das Erbe der Völker in ihren Kunstwerken vor sinnloser Zerstörung retten konnten, die die Beute-Kunst aufstöberten, sicherten, die aber auch die Werke aus den Museen sicherten und katalogisierten. Ein überfälliger Film mit exquisiter Besetzung (neben Clooney in der Hauptrolle werden Cate Blanchett, Matt Damon und Bill Murray zu sehen sein) über die Arbeit einer Handvoll Offiziere, die Europas Kunst retteten.

Nur hat der Film einen Schönheitsfehler: Er vergisst Major Ronald Edmond Balfour. "Die Londoner Zeitung ,The Observer' berichtete über die Verbitterung der Familie Balfour, die sich zutiefst von dem Film enttäuscht sieht, weil ihr Verwandter, der zu den beiden einzigen gefallenen Kunstschutzoffizieren gehört, keine Anerkennung fand", sagt Paul-Gerhard Küsters als Vertrauter der Familie Balfour. Küsters war auch bei der Verleihung der Johanna-Sebus-Medaille durch den damaligen Klever Bürgermeister Gert Brock involviert, zu der Heinz Scholten für den Klevischen Verein und Museumsdirektor drs. Guido de Werd die Laudatio hielten. Der "Observer" hat für seinen Bericht Küsters interviewt. Küsters erzählt, dass in Deutschland eine Straße nach Balfour benannt ist und ihm eine hohe Klever Auszeichnung verliehen wurde. "Auf Veranlassung des ,Observer' sind Vorkehrungen im Gespräch, Balfour auch eine englische Auszeichnung zukommen zu lassen und vielleicht sogar in Kleve zu verleihen", sagt Küsters.

Scholten wiederum hofft auf eine wissenschaftliche Arbeit über das Handeln Balfours. Denn das war für das Klever Land wichtig. Als ihn der Granatsplitter traf, habe er Augenzeugenberichten zur Folge gerade Altarornamente vor Plünderung und endgültiger Zerstörung retten wollen. Wenige Tage vorher hatte der Brite protokolliert: "Stiftskirche völlig durch Bomben zerstört. Fragmente zweier großer, gefasster Schnitzaltäre des 16. Jahrhunderts wurden gesammelt und in Sicherheit gebracht."

Scholten erinnert an Augenzeugenberichte, nach denen Balfour in der Nähe des Bahnhofs gefallen ist. Zuvor soll er, so Scholten, eine ganze Reihe von Kunstwerken und Archivalien ins unversehrte Spyck-Klösterchen geschafft haben. Die Stiftskirche konnte er nicht mehr sichten. Erst jetzt tauchen nach und nach wieder Skulpturen auf, die aus dem Schutt geholt wurden — wie die Heilige Dorothea von Holthuys oder Fragmente aus dem Altar . . .

(RP)
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