Frauen in Konfliktsituationen „Nichts geht über eine persönliche Beratung“

<irspacing style="letter-spacing: -0.01em;">Kreis Kleve</irspacing> · Die Corona-Krise verändert auch die Beratung von Schwangeren grundlegend. Die Awo-Beratungsstelle in Kleve hilft jungen Frauen in Konfliktsituationen. Nun hat sie Bilanz gezogen.

 In Corona-Zeiten kann vieles nicht mehr im persönlichen Treffen besprochen werden (Symbolfoto).

In Corona-Zeiten kann vieles nicht mehr im persönlichen Treffen besprochen werden (Symbolfoto).

Foto: dpa/Uli Deck

Die Veränderungen sind grundlegend, wie Nicole Saat, Leiterin der Awo-Beratungsstelle für Schwangerschaft, Partnerschaftsfragen und Familienplanung an der Lindenallee in Kleve, erklärt. „Es fehlt bei der telefonischen Beratung oder dem Gespräch im virtuellen Raum die Mimik und die Gestik des Gegenübers. Wir müssen also auf die reine Informationsweitergabe bauen. Die Gefühle, die bei lebensverändernden Entscheidungen aber unglaublich wichtig sind, sind nur sehr schwer erkennbar. Es geht nämlich nichts über die persönliche Beratung“, sagt Nicole Saat. Man müsse stattdessen nun auf Nuancen in der Stimme hören, um die Distanz zur Gesprächspartnerin zu überwinden. Ihre Institution legte nun den Geschäftsbericht des vergangenen Jahres vor. Trotz der beiden Lockdowns kam die Beratungstätigkeit des Verbandes nie zum Erliegen. Menschen in schwieriger Lebenslage hatten in Kleve jederzeit eine Anlaufstelle.

So hat die Arbeiterwohlfahrt 2020 mit 492 Klienten 613 Beratungsgespräche geführt. 215 Frauen befanden sich im sogenannten Schwangerschaftskonflikt. Das heißt: Die Frauen meldeten sich mit dem Ansinnen bei der Awo, einen Schwangerschaftsabbruch zu vollziehen. Das Gesetz aber sieht vor, dass es zuvor zu einer qualifizierten Beratung gekommen sein muss, ehe der Abbruch straffrei vorgenommen werden kann. 277 Personen ließen sich wiederum zu Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung und zu allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen informieren.

Der am häufigsten genannte Grund für den Schwangerschaftskonflikt war 2020 eine abgeschlossene Familienplanung, gefolgt von familiären oder partnerschaftlichen Konflikten. In vielen Fällen würden persönliche Problemlagen hinzukommen. „Auch die berufliche Situation war ein häufig genannter Grund: Frauen waren in der Corona-Krise extrem belastet“, sagt Nicole Saat. Die Mehrheit der Frauen, die Hilfe bei der Awo in Kleve suchten, war im Alter zwischen 26 und 35 Jahren. Schließlich sei diese Altersgruppe die sexuell Aktivste, folglich käme es auch zu den meisten Verhütungspannen, so die Awo-Beratungsstelle, die im vergangenen Jahr ihren 40. Geburtstag feierte.

Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Anzahl der Beratungen leicht ab, im Durchschnitt sind es sonst 250 Konfliktberatungen vor einem möglichen Schwangerschaftsabbruch. Die Hintergründe: Man habe die beratungsorientierten Projekte bloß Anfang des vergangenen Jahres durchführen können, wodurch offene Sprechzeiten nach den Initiativen an den weiterführenden Schulen wegfielen. Sonst sei man regelmäßig mit Jugendlichen in Kontakt, um sie über Themen wie Schwangerschaft, Geburt, Familienplanung, Verhütung und Sexualität aufzuklären. Zudem habe der Lockdown für eine gewisse Scheu gesorgt, eine Beratungsstelle aufzusuchen, meint Saat.

„Was per Telefon wirklich gut funktioniert, ist die reine Weitergabe von Informationen: etwa wenn es um das Elterngeld oder den Mutterschutz geht“, sagt Nicole Saat. Sie und ihr Team hätten zuletzt registriert, dass die Corona-Krise zu größerer Unsicherheit in finanziellen Fragen geführt hätte – insbesondere bei werdenden Eltern. So musste Nicole Saat vermehrt auch über Erziehungsgeld, Kurzarbeit, Kindergeld und Kinderbetreuung berichten. Und noch immer finden an der Lindenallee keine Beratungen in Präsenz statt. Wann es wieder soweit ist, müsse die Politik mitteilen, so Saat.

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