Kleve Ausstellung "Deportiert ins Ghetto"

Kleve · Heute wird die Ausstellung in der Kleinen Kirche an der Böllenstege eröffnet. Drs. Bert Thissen, Leiter des Stadtarchivs, und die Historikerin Helga Ullrich-Scheyda werden die Gäste begrüßen und in die Ausstellung einführen.

 Blick von der Burg auf das Gasthaus "Zur Schwanenburg" mit Terrasse, jüdische Schule und die Synagoge.

Blick von der Burg auf das Gasthaus "Zur Schwanenburg" mit Terrasse, jüdische Schule und die Synagoge.

Foto: Klaus Stade

Im Herbst 1941 begann die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Rheinland und Westfalen. Für viele führte der Weg über das polnische Lodz, in dem die Nazis Anfang 1940 ein Ghetto errichtet hatten. Es waren Frauen und Männer, Mitbürger, die ihre Geschäfte führten, die im Ersten Weltkrieg für Deutschland an der Front gekämpft hatten. Wie der Klever Emil Leffmann. Der Geschäftsmann mit großem Kaufhaus an der Hagschen Straße lobte noch in den 1920er Jahren die Stadt Kleve, in der kein Antisemitismus keime.

 Helga Ullrich-Scheyda (Mitte) vor den Klever Dokumenten, links Thomas Ruffmann (VHS) und rechts Bert Thissen (Stadtarchiv).

Helga Ullrich-Scheyda (Mitte) vor den Klever Dokumenten, links Thomas Ruffmann (VHS) und rechts Bert Thissen (Stadtarchiv).

Foto: Klaus Stade

Er irrte. Leffmann gehörte zu den Familien, die mit einem der ersten Transporte nach Lodz deportiert wurden. Und die, wenn sie nicht auf dem Transport oder im Ghetto starben, von hier aus in die Vernichtungslager gebracht wurden. Emil Leffmann, der Frontkämpfer aus dem Ersten Weltkrieg, der so in seiner Heimatstadt Kleve verwurzelt war, dass er zu spät an Flucht dachte, wurde in Lodz ermordet.

"Deportiert ins Ghetto" heißt eine Wanderausstellung, die die Geschichte der Deportationen nach Lodz erzählt. Die die Namen der Menschen nennt, die den von den Mördern oft akribisch dokumentierten Leidensweg der Opfer aufzeigt, die diesen Menschen wieder auf Bildern ein Gesicht gibt. Auf Stellwänden werden Daten und Fakten, Bilder versammelt. Porträts der Menschen auf langen, dünnen Stahlstangen sind wie zittrige Zeitzeugen, die von der Vergänglichkeit künden, zusammengestellt. Drs. Bert Thissen vom Klever Stadtarchiv löst mit der Ausstellung ein Versprechen ein, das er Wolfgang Krebs, der wie kein anderer den Spuren der Juden in Kleve folgt, gegeben hat: Das Stadtarchiv werde sich mehr um diesen Teil der Klever Geschichte kümmern. Die Historikerin Helga Ullrich-Scheyda hat die Geschichte der Klever Familien Leffmann und Gonsenheimer aufgearbeitet, die nach Lodz deportiert wurden.

"Kopien der Gestapo-Akten aus Kleve zeigen, wie die Gestapo-Männer Menschen ins Visier nehmen, wie sie gegen den verdienten Leffmann, Träger des Eisernen Kreuzes, vorgehen, ihn kriminalisieren", sagt Ullrich-Scheyda. Es sind Dokumente aus dem Klever Archiv, die die Ausstellung aus Düsseldorf erweitern, Fotos von der Synagoge am Burgplatz, der alten jüdischen Schule, Fotos von den Familien Gonsenheimer und Leffmann, Bücher voller Namenslisten und nicht zuletzt Bilder der Häuser, in denen die Familien lebten. Zu den Dokumenten stellt die Kalkarer Künstlerin Eva Sand ihre Geschichte der Juden in der Region: Frottagen (Abdrücke) von verwitterten jüdischen Grabsteinen, stellt sie zu grafischen Zeichen althebräischer Schrift.

Eröffnet wird die Ausstellung heute um 18 Uhr in der Kleinen Kirche an der Böllenstege. Sie ist bis zum 29. Oktober jeweils donnerstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr zu sehen, weitere Termine und Führungen auf Anfrage: Tel. 02821 723118. Am Freitag, 11. Oktober, 15 Uhr und am Donnerstag 17.Oktober, 20 Uhr führt Helga Ullrich-Scheyda durch die Ausstellung.

(RP)
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