Kleve Auf Umwegen zum Traumjob

Kleve · Seit 25 Jahren arbeitet der Klever Clemens Giesen als Restaurator. Seinen Kunden möchte er anlässlich des Jubiläums mit einem Geschenk danken. Auch im Denkmalschutz ist Giesen engagiert.

 Die Restaurierung von historischen Möbelstücken ist für Clemens Giesen eine Berufung.

Die Restaurierung von historischen Möbelstücken ist für Clemens Giesen eine Berufung.

Foto: Gottfried Evers

Als Clemens Giesen aus dem Fenster seines Elternhauses auf die Betonmauer des Kaufhofs gegenüber blickt, erscheint ihm der auf die Wand gesprühte Punk-Slogan "No Future" (Englisch "keine Zukunft") fast wie eine Prophezeiung.

Mehr als drei Jahrzehnte später sitzt Giesen wieder an dem selben Fenster und erzählt seine Geschichte. Das Graffiti ist längst übermalt, das Elternhaus umgebaut zu Laden und Werkstatt. Giesen arbeitet als Restaurator. Das heißt, dass Leute mit alten Möbeln zu ihm kommen, die er wieder auf Vordermann bringt – mit viel Leidenschaft. Denn Giesen hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Dabei war der Weg zum Traumjob ein Umweg. "Das Interesse für alte Sachen war zwar schon immer da, aber als Laie stößt man schnell an seine Grenzen", erzählt Giesen. Da das Studium der Restaurierungs-Wissenschaften in Deutschland nicht angeboten wird und eine Ausbildung als Schreiner für ihn nicht infrage kommt, schlägt Giesen nach der Schule einen komplett anderen Weg ein und beginnt mit einem Lehramtsstudium.

"Irgendwann kehrte dann eine Freundin aus ihrem Florenz-Urlaub zurück", erinnert sich Clemens Giesen. Ein entscheidender Moment für ihn, denn eben diese Freundin erzählt von einer Schule, an der genau die Dinge unterrichtet werden, die der Klever gerne lernen würde. "Dort gab es Theorie und Praxis, wie ich es mir vorgestellt habe. Das war genau das, was ich immer wollte", sagt Giesen, "Ich habe mir dann einfach gesagt, ab ins kalte Wasser' und bin in den Zug gestiegen." Giesen sucht das Weite. In Italien. Ein mutiger Entschluss für einen Klever, der vorher noch nie ein Wort Italienisch gesprochen hat.

Vier Jahre bleibt Clemens Giesen in Florenz. Nach seinem Abschluss macht der Niederrheiner sich auf die Suche nach einem Job, was sich allerdings als schwierig erweist. Handwerkliche Betriebe in Italien befinden sich meist in familiärer Hand, also kehrt Giesen 1987 nach Kleve zurück und richtet in seinem Elternhaus provisorisch eine Werkstatt ein.

Das ist 25 Jahre her. Hätte jemand dem jungen Mann beim Anblick des "No Future"-Graffiti gesagt, er wäre in 30 Jahren noch in Kleve, hätte er es wohl nicht geglaubt. "Aber ich gehöre nun mal hier hin", sagt Giesen, dessen zweites Hobby der Denkmalschutz ist. Ein altes unter Denkmalschutz stehendes Haus an der Römerstraße kauft Giesen vor einigen Jahren selber – und restauriert es komplett durch. Heute ist auch dieses Gebäude ein Denkmal.

Es ist das Individuelle, das Giesen am Alten so fasziniert: "Leider sind viele Wohnungen heute völlig austauschbar eingerichtet. Räumt man die Fotos von der Kommode, könnte eigentlich der Nächste einziehen", sagt Giesen. Alte Möbel hingegen verleihen dem Ganzen etwas Besonderes, so der Restaurator.

Seinen Kunden möchte Clemens Giesen anlässlich des Jubiläums mit einem Geschenk danken: "Ich plane, ein Buch mit Fotos der Klever Fassaden herauszubringen", erzählt der Klever Restaurator begeistert – so wie immer, wenn der Restaurator von seiner Leidenschaft spricht.

(miv)
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