Niederrhein Atomkraft in der Nachbarschaft
Niederrhein · In Borssele (Niederlande) soll ein neues Atomkraftwerk entstehen. Der neue Meiler wäre nur 170 Kilometer weit vom Kreis Kleve entfernt. Auch Bürger in Nordrhein-Westfalen können schriftlich gegen die Pläne protestieren.

Die NRW-Atomanlagen
niederrhein/ Borssele Spätestens bei den Protesten für und gegen Stuttgart 21 ist deutlich geworden, dass Menschen nicht mehr gewillt sind, Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg fällen zu lassen. Nun stelle man sich vor, ein Energiekonzern spiele mit dem Gedanken, ein neues Atomkraftwerk in Bielefeld bauen zu lassen. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, welche Proteststürme und Massendemonstrationen dies verursachen würde. Aber so etwas gibt es ja nicht. Oder doch?
In den Niederlanden, genauer gesagt im kleinen Dorf Borssele in der Provinz Zeeland, existieren Pläne, ein neues Atomkraftwerk entstehen zu lassen. Wird es gebaut, stünde ein weiterer Meiler Luftlinie 170 Kilometer von Kleve entfernt. Dies entspricht ungefähr der gleichen Strecke wie von der Schwanenstadt nach Bielefeld. Bei einem Störfall in dem Kraftwerk an der Nordseeküste wäre auch der Niederrhein direkt betroffen, Strahlung macht ja bekanntlich keinen Halt vor Landesgrenzen. Schon gar nicht, wenn der Wind vom Meer ostwärts ins Innenland weht.
Doch auch Bürger in Nordrhein-Westfalen können Einspruch gegen die Pläne erheben. "Jedermann kann mündlich oder schriftlich Stellungnahmen zum Grundlagenpapier abgeben oder Einwendungen dagegen erheben. Bis einschließlich Donnerstag, den 12. Januar 2012, kann beschrieben werden, was auf welchem Detailniveau untersucht werden sollte, um eine adäquate Beschlussfassung zu erwirken", heißt es auf der Internetseite des NRW-Umweltministeriums. Dort lassen sich auch das Grundlagenpapier und die Bekanntmachung des Projektes einsehen.
Eduard Großkämper, Pressesprecher der Kreisverwaltung, bestätigte auf Anfrage der Rheinischen Post, dass der Fall "Borssele II" bekannt ist und geprüft wird. "Falls nötig, wird eine Stellungnahme aus unserem Haus erfolgen", sagt Großkämper, der auch das Land in der Verantwortung sieht. "Dort hat man die Bündelungsfunktion, von dort kann am besten ein Signal ausgehen", meint der Pressesprecher. Der Kreisverband der Linkspartei hat bereits den Landrat und die 16 Bürgermeister im Kreis Kleve mittels Anschreiben aufgefordert, von den möglichen Einwendungen gebrauch zu machen. Auch die Grünen rufen zu Protest auf und bieten auf www.gruene-kleve.de einen neun Punkte umfassenden Mustereinspruch zum ausdrucken an.
Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer zeigte sich auf der letzten Stadtpressekonferenz ebenfalls besorgt. Kleve liege in einem möglichen "Fallout"-Gebiet, betonte er. Man werde, möglichst in Kooperation mit dem Kreis, Bedenken gegen den Bau deutlich machen.