Kreis Kleve Anti-Gewalt-Training für Täter

Kreis Kleve · Häusliche Gewalt wird im Kreis Kleve erstmals aus Tätersicht beleuchtet. Der Förderverein "Zukunft ohne Zoff" bietet in Abstimmung mit Staatsanwaltschaft und Polizei ein Verhaltenstraining speziell für prügelnde Männer an.

 Prügelnde Männer: Erstmals wird im Kreis Kleve ein Verhaltenstraining angeboten.

Prügelnde Männer: Erstmals wird im Kreis Kleve ein Verhaltenstraining angeboten.

Foto: privat

Auf der Stirn von Remzi Bulut prangt eine Nabe. Die Schultern sind breit, die Handgelenke auch. Remzi Bulut flößt Respekt ein. Man kann ihn sich gut mit Boxhandschuhen vorstellen. Tatsächlich boxt Bulut gerne. Allerdings nicht um Geld, nicht um die Ehre und erst recht nicht die eigene Frau. Remzi Bulut boxt mit Männern, die ihre Frauen verprügeln.

Die körperliche Auseinandersetzung ist Teil eines Anti-Gewalt-Trainings, das im Frühjahr 2012 starten soll. Initiiert vom Klever Förderverein "Zukunft ohne Zoff" (ZOZ) richtet sich das Training speziell an Männer, die ihre Intimpartnerin körperlich misshandeln. In Gruppen von maximal zehn Männern werden die Täter wöchentlich mit ihren Gewaltausbrüchen konfrontiert. "Es wird unangenehm, körperlich, konfrontativ", sagt Trainer Remzi Bulut. So werden die Kursteilnehmer auf einem "heißen Stuhl" vor der Gruppe ihr Verhalten erklären, werden in Rollenspielen in die Opferrolle gedrängt und lernen neue Verhaltensmuster. "Nicht der Mensch ist schlecht, sein Verhalten ist schlecht. Und ein Verhalten ist veränderbar", glaubt Bulut unerschütterlich an das Gute im Menschen.

Das Konzept stammt aus umliegenden Kreisen — Kleve kopiert und hofft auf ähnlich gute Ergebnisse. "Wir wissen aus den Statistiken, dass solche Angebote Wirkung zeigen. Eine Rückfallquote ist allerdings schwer zu beziffern", sagt Horst Bien, Leiter der Staatsanwaltschaft Kleve. Der Klever Chefankläger sitzt genauso mit im Boot, wie die Polizei oder der Ambulante Soziale Dienst . "Das Projekt ist in enger Abstimmung entstanden. Denn gerade dieser Netzwerk-Gedanke ist wichtig für das Gelingen", sagt Gerd Engler, 1. Vorsitzender des Fördervereins.

Die Idee, ein Training speziell für Täter anzubieten, existiert seit 2004. Damals suchte die Täterarbeitsgruppe des Runden Tisches Kleve nach einer Möglichkeit, Strategien zur Konfliktlösung auch den Tätern anzubieten. "Der Weg zum fertigen Angebot war allerdings frustrierend", sagt Yvonne Tertilte-Rübo, zweite Vorsitzende von ZOZ. Fehlende Mittel, mangelnde Bereitschaft, oder ideologische Gründe verhinderten eine Zusammenarbeit mit den bestehenden Einrichtungen. "Letztlich war klar, dass wir selbst mit einem Verein aktiv werden müssen", sagt Engler.

Zumal nur so die Förderung aus Landesmitteln beantragt werden konnte. Rund 2800 Euro hat der Verein für das laufende Jahr bewilligt bekommen, der Bescheid kam jedoch erst vor gut zwei Wochen. "Wir sind nicht auf Rosen gebettet", sagt Engler.

Ob es 2012 — wenn das Training beginnen soll — eine Förderung geben wird, ist laut Landesjustizministerium völlig offen. Rund 350 000 Euro sind im aktuellen Landeshaushalt zur Förderung täterorientierter Gewaltprävention ausgewiesen. "Es bleibt abzuwarten, ob der kommenden Haushalt eine ähnliche Größenordnung ausweist", sagt Ulrich Hermanski, Sprecher des Landes-Justizministeriums.

(RP/jul)
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