Kleve Anna – die starke Großmutter Jesu

Kleve · RP-Serie "Die Patrone der Kirchen" (29): Das Gotteshaus in Materborn ist der heiligen Anna geweiht. Die Mutter Marias verkörpert das Bild der "starken Frau". In St. Anna steht eine Tuffstein-Figur der Anna aus dem 14. Jahrhundert.

 Die Pfarrkirche St. Anna mit ihren Kirchenfenstern aus der Glasmalerei Wilhelm Derix in Goch.

Die Pfarrkirche St. Anna mit ihren Kirchenfenstern aus der Glasmalerei Wilhelm Derix in Goch.

Foto: Gottfried Evers

Die Aufgabe der "Neuen St.-Anna-Kirche" war für viele Gemeindemitglieder in Materborn ein schmerzliches Ereignis. Leider gab es keine Alternative. So wurde am 14. Dezember 2008 mit der Weihe des neuen Altares die "Alte St.-Anna-Kirche" wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt. Sie ist jetzt Pfarrkirche der Gemeinde "Zur Heiligen Familie" und der heiligen Anna geweiht.

 Die Annafigur in Materborn stammt vermutlich aus dem Jahr 1350.

Die Annafigur in Materborn stammt vermutlich aus dem Jahr 1350.

Foto: Evers

Anna und Joachim waren nach apokryphen Evangelien des 2. bis 6. Jahrhunderts die Eltern der Maria und somit die Großeltern von Jesus. Die legendäre Lebensgeschichte ist dem alttestamentlichen Vorbild von Hanna und ihrem Sohn Samuel nachgezeichnet: erst nach zwanzigjähriger kinderloser Ehe gebar Anna die Maria.

Demnach war Anna königlicher Abstammung und aus dem Geschlecht Davids. Nach der Legenda Aurea hatte die betagte Anna nach Joachims Tod noch zwei weitere Ehemänner, deren Namen mit Kleophas und Salomas überliefert werden. Daraus entstand die Überlieferung von der Heiligen Sippe.

Anna und Joachim wurden mit reicher Ausgestaltung in den Legenden schon in frühchristlicher Zeit dargestellt. Seit dem 6. Jahrhundert wird Anna als Marias Mutter verehrt. Der Kult wurde besonders durch das Kaiserhaus in Byzanz, dem heutigen Istanbul, gefördert. Der Anna-Kult kam durch die Kreuzfahrer nach Europa. Er wurde durch die Franziskaner verbreitet, die gegen die Dominikaner die Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Mariens vertraten.

Er erreichte hier im späten Mittelalter seinen Höhepunkt, als 1481 Papst Sixtus IV. den Gedenktag der Anna in den römischen Kalender aufnahm. 1584 bestimmte Papst Gregor XIII. ihren Festtag. Das bürgerliche Familienideal des späten Mittelalters förderte noch einmal die Verehrung Annas und der Heiligen Sippe.

Das Bild von der "starken Frau" machte sie zur Patronin von Zünften und von Handels- und Gewerbetreibenden, denn sie wurde um die Vermehrung des Reichtums angerufen. In Materborn gibt es ein 36 Zentimeter hohes "redendes" Reliquiar der heiligen Anna in Form eines Ärmels und einer Hand. Es wurde Mitte des 17. Jahrhunderts vom Kölner Goldschmied Hermann Lieker geschaffen. Die aus Silber getriebene teilweise vergoldete und gravierte Einfassung lehnt sich formal an das gotische Reliquiar an. Die während des Zweiten Weltkrieges verloren gegangene Hand wurde ersetzt.

Eine weitere zentrale Rolle bei der Annenverehrung in Materborn spielt die Annafigur aus Tuffstein, die sich noch heute hier befindet. Vermutlich kam sie, um 1350 im Rheinland entstanden, kurz nach der Errichtung der Kapelle nach Materborn.

Die 84 Zentimeter große Tuffsteinfigur zeigt noch Reste einer früheren Fassung. Die beiden Hände fehlen.

(stw)
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