Nahverkehr Bahnhöfe: Automat oder persönliche Beratung

KLEVE/goch · Die Agentur für die Fahrkartenschalter in Kleve, Goch und Geldern gab auf. In Goch übernahm ein Nachfolger, in Kleve nicht.

 Günther Thomas ist „alter Eisenbahner“ und verkauft im Gocher Bahnhof die passenden Tickets an die Reisenden.

Günther Thomas ist „alter Eisenbahner“ und verkauft im Gocher Bahnhof die passenden Tickets an die Reisenden.

Foto: Anja Settnik

Ein schickes Café gibt es neuerdings, die Fassade ist nach vorne hin wunderbar saniert, bloß einen Fahrkartenschalter, den gibt’s am Klever Bahnhof nicht mehr. Im August zog sich die Agentur, die die Bahnhöfe von Kleve, Goch und Geldern bedient hatte, zurück, seitdem gibt es zumindest in der Kreisstadt Kleve am Bahnsteig nur noch Automaten. „Und die sind ziemlich unbeliebt. Entweder verstehen die oft älteren Kunden überhaupt nicht, wie sie funktionieren, oder sie kaufen versehentlich die falschen Tickets“, weiß Stefan Krauhausen.

Der Mann, jahrzehntelang für die Bahn in Goch und Kleve im Einsatz, ist froh, den Reisenden zumindest noch ein wenig helfen zu können. Er arbeitet seit dem Frühjahr bei der NIAG, die im Bahnhofsgebäude nach vorne raus ihr großes Ladenlokal hat. Zumindest vorerst dürfen die Mitarbeiter auch Tickets für den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr verkaufen, aber eben nur für den Nahverkehr. „Regelmäßig kommen zu uns Leute rein, die eine Urlaubsreise mit der Bahn buchen müssen, und die wir dann leider wieder wegschicken müssen“, erzählt Krauhausen. Ihm tut das leid, denn er weiß, dass die Stammkundschaft die gut Beratung am Schalter immer zu schätzen wusste. An einem der Automaten draußen hängt übrigens ein Schild, das weiterhilft: „Ihre nächste DB-Fahrkartenausgabe befindet sich im Bahnhofsgebäude Goch“ steht darauf; auch die Öffnungszeiten des Schalters mit dem geschätzten persönlichen Service sind abzulesen. Und der Hinweis, dass dort Fachpersonal für die Kundschaft zuständig sei, nämlich Günther Thomas und Johannes Peters. Beide sind „alte Eisenbahner“, Pensionäre, die noch immer Lust haben, die Freunde des Schienenverkehrs zu bedienen. Thomas hat früher in der Kleve Agentur gearbeitet, Kollege Peters kommt aus Krefeld und hat einen Mini-Job bei dem Kollegen, der sich mit der Agentur selbstständig gemacht hat. Keine Lösung für ewig, wissen beide, doch vorerst können die Kunden auf sie beide setzen. Und das tun sie gerne.

„Viele Leute fahren zweimal im Jahr mit der Bahn, erkundigen sich vorher im Internet, was die Reise wohl kosten wird, und ahnen, dass es da vielleicht noch bessere Angebote geben könnte. Wir haben da einfach Erfahrung, wissen, dass es bei Sparpreisen sinnvoll sein kann, verschiedene Zeiten zu überprüfen, einen weiter entfernten Zielort anzugeben, eine günstige Bahncard dazu zu kaufen - da gibt es so viele nützliche Tricks“, erzählt Thomas. Deshalb verkauft er im Gocher Bahnhof ziemlich viele Fernreisen, keinesfalls nur an Rentner. „Zu uns kommen inzwischen auch Kunden aus Kleve und sogar aus Nimwegen. Wir haben hier wohl bessere Angebote, als sie in den Niederlanden zu bekommen sind“, sagt der Kenner.

Klever, die dem Automaten nicht trauen und die nicht nach Goch ausweichen wollen, fragen auch schon mal im Café Derks nach, dessen Personal dann auf das NIAG-Büro verweisen kann. „Ich bin froh, den Kunden dann immerhin erklären zu können, was sie wo bekommen“, berichtet Krauhausen. Denn es ist eben kompliziert: Am einen Bahnhof gibt’s einen Schalter, am anderen nur Automaten, in Kevelaer einen „Train Stop“ mit umfangreichem Service, in Geldern weitet die Lebenshilfe ihr gutes Angebot mehr und mehr aus.

 So sieht die Situation in Kleve aus: Nur an Fahrkartenschaltern kann man in der Kreisstadt Tickets kaufen.

So sieht die Situation in Kleve aus: Nur an Fahrkartenschaltern kann man in der Kreisstadt Tickets kaufen.

Foto: Anja Settnik

Im Grundsatz aber müssen sich Bahnkunden darauf einstellen, dass alles mehr und mehr digitalisiert wird. Die nächste Generation (benutzerfreundlicherer?) Fahrkartenautomaten ist avisiert, Lizenzen für Agenturen werden nur noch  kurzfristig vergeben. Sollte der Nahverkehr  irgendwann komplett über Automaten abgewickelt werden, wird es in der Region schwierig, mit dem Verkauf nur von Fernreisen schwarze Zahlen zu erwirtschaften, sagen Insider. Vorerst jedoch freut sich Günther Thomas, wenn sich Schüler, Ältere oder Gruppen  an ihn wenden, um das passende Ticket zu bekommen. Täglich von 8 bis 17 Uhr und am Samstagvormittag blickt er der Kundschaft freundlich entgegen.

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