Altes Klever Hallenbad Ausgebadet

Das Klever Hallenbad hat seinen Dienst getan. Nach 60 Jahren wird es 2019 abgerissen. Gebaut wurde es in der Wirtschaftswunderzeit, in der Kommunen Probleme hatten, ihr Geld unterzubringen. Kleve erhielt eine Badeanstalt, die zur Stadt passte. Funktional – und das war’s.

 Schwimmwettkampf zur Einweihung des neuen Klever Hallenbads im Jahr 1958.

Schwimmwettkampf zur Einweihung des neuen Klever Hallenbads im Jahr 1958.

Foto: Kreisarchiv Kleve

Es war ein Hallenbad, für das Hallenbäder einst gebaut wurden. Zum Schwimmen. Ein Becken, drei Sprungbretter, in der Ecke eine Kabine für den Bademeister. Über den Charakter eines Zweckbaus kam die Klever Schwimmhalle am Kermisdahl nicht hinaus. Sechs Jahrzehnte ging es dort nie um Wellness. Es wurde Sport getrieben. Das Angebot war von überschaubarer Größe und beschränkte sich auf 25 Meter Länge und 12,5 Meter in der Breite.

Nach weniger als zwei Jahren Bauzeit wurde das Schwimmbad 1958 eröffnet. Am Beckenrand saß die lokale Prominenz und ein Streichertrio. Das Hallenschwimmbad atme Sauberkeit und Frische, schrieb die Rheinische Post damals. Mengen von Kacheln sorgten für Glanz, die riesigen Glaswände ließen den Blick auf den Schwanenturm zu. Es war das erste Hallenschwimmbad im Kreis. Am Kermisdahl stand genau an dieser Stelle auch Kleves erste Badeanstalt aus dem Jahr 1908. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

An der jetzt abrissreifen Schwimmhalle haften etliche Erinnerungen der Klever. Dazu gehört der Geruch, der sich seit der Kindheit nicht verändert hat. Mit jedem Schritt Richtung Becken kommt ein Gemisch aus warmer Luft und Chlor entgegen. Im Gedächtnis bleiben Schwimmmeister, die mit einer Geste und dem Satz „Raus aus dem Wasser“, fröhlich begonnene Nachmittage abrupt beendeten. Doch hatten jene Sheriffs am Beckenrand über Jahre hinweg relativ wenig Probleme, die Übersicht zu behalten. Denn in dem Hallenbad wurde nahezu ausschließlich geradeaus geschwommen. Gerannt werden durfte am Beckenrand ebenso nicht, wie es verboten war, von jenem ins Wasser zu springen.

Mehrere Generationen haben in dem Becken das Schwimmen gelernt. Frei- und Fahrtenschwimmer-Prüfungen wurden in dem Bad abgelegt. Dafür gab es ein blaues und rotes Abzeichen. Erst, wer die an der Badehose hatte, galt als schwimmfähig. Dem Seepferdchen traute man damals nicht.

60 Jahre ist das Schwimmbad alt, 55 davon war der Klever Hans-Georg Kersjes regelmäßig darin. Heute ist Kersjes (63) Vorsitzender des Clever Schwimmvereins, den er seit 1994 führt. Das Schwimmen habe er sich Anfang der 60er Jahre selbst beigebracht, so Kersjes. Als Trainer stand er montags, dienstags, donnerstags und samstags am Beckenrand. Zusätzlich am Wochenende bei Wettkämpfen. Zum Vereinssport kam er über seine Kinder, die, „nicht talentfreie Leistungsschwimmerinnen“ gewesen seien, so der Vorsitzende. Kersjes kennt alle schnellen CSV-Sportler der vergangenen Jahrzehnte. „Wir hatten immer wieder starke Athleten“, sagt er und zählt eine Reihe auf. Auch die beiden Klever Weltklasse-Schwimmer Klaus und Angela Steinbach lernten hier zumindest schwimmen. Aufgestiegen in die internationale Spitze sind sie nach dem Wechsel in ein Sportinternat. Die Geschwister waren zur Eröffnung des Sternbuschbads in der vergangenen Woche nach Kleve gekommen. Auch der CSV-Vorsitzende will rückblickend aus dem Klever Hallenbad nicht mehr machen als es ist. Er bezeichnet es schlicht als Funktionsbad.

Das Haus kam in die Jahre und Kersjes hat den schleichenden Zerfall hautnah miterlebt. So hinterließ die Zeit im Mauerwerk ihre Spuren, das Dach hatte Probleme mit der Dichtigkeit, wie auch das Rohrleitungssystem. Die Heizung führte ein Eigenleben. „Wir haben hier manchmal im Sommer bei 30 Grad Außentemperatur gesessen, und die Heizung konnte nicht abgestellt werden“, erinnert sich Kersjes an tropische Tage am Kermisdahl.

 Sport und Kunst in einem Haus: Über dem Haupteingang des Hallenbads empfängt das Backsteinrelief des Kalkarer Bildhauers Alfred Sabisch (1905 - 1986) die Schwimmer.

Sport und Kunst in einem Haus: Über dem Haupteingang des Hallenbads empfängt das Backsteinrelief des Kalkarer Bildhauers Alfred Sabisch (1905 - 1986) die Schwimmer.

Foto: Stadtarchiv Kleve/Gossens
 Nikolausschwimmen Clever Schwimmverein

Nikolausschwimmen Clever Schwimmverein

Foto: Kreisarchiv Kleve
 Eröffnung altes Hallenbad

Eröffnung altes Hallenbad

Foto: Kreisarchiv Kleve
 Kleve Hallenbad

Kleve Hallenbad

Foto: Stadtarchiv Kleve/Gossens
 Eröffnung altes Hallenbad

Eröffnung altes Hallenbad

Foto: Kreisarchiv Kleve

20 Jahre nach der Eröffnung wurde 1980 im Stadtrat darüber diskutiert, ob es nicht an der Zeit sei, das Bad abzureißen und ein neues zu bauen. Obwohl der Neubau durch staatliche Zuschüsse den Haushalt nur unwesentlich mehr beansprucht hätte, wurde die Einrichtung saniert. „Auch das war damals okay für uns“, blickt Kersjes auf die überarbeitete Schwimmhalle zurück. So konzentrierte sich die Sanierung darauf, das Konzept beizubehalten, das da immer noch lautete „kein Spaßbad“. Spaß soll es jedoch zum Finale geben. Im Januar wird, bevor die Abrissbirne durch den Bau pendelt, noch einmal Kultur am Beckenrand geboten. Denn ausgebadet haben die Klever nach 60 Jahren in ihrem Schwimmbad bereits seit zwei Wochen. Peter Janssen

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