Kreis Kleve Als der Baobab an die Glasdecke stieß

Kreis Kleve · Der neue "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2018" ist passend zum Weinachtsfest fertig geworden. 230 Seiten berichten vom Geschehen im ^Kleverland und seiner Geschichte. Dazu Gedichte und Mundart-Dönekes.

 Jutta Nagels (Mercator-Verlag), Wilhelm Diedenhofen und Wiltrud Schnütgen vom Redaktionsteam und Landrat Wolfgang Spreen, von links.

Jutta Nagels (Mercator-Verlag), Wilhelm Diedenhofen und Wiltrud Schnütgen vom Redaktionsteam und Landrat Wolfgang Spreen, von links.

Foto: Markus van Offern

Das Eis kommt aus Kleve, angerichtet von Studierenden der Hochschule Rhein-Waal, die Ingredienzien haben einen stark afrikanischen Anteil: Ingwer, Kokos, Zitrone und vor allem Baobab. Baobab, jener mächtige Affenbrot-Baum, das Wahrzeichen Afrikas. Die Hochschule Rhein-Waal beschäftigt sich seit Jahren mit dem uralten Laubbaum, dessen Exemplare in den Savannen oftmals über 1000 Jahre alt sind. Und einer wächst am Niederrhein - in der Tropenkammer der Hochschule. "In seiner Wuchtigkeit hatte der Baobab schnell die Glashausdecke erreicht und Rückschnittmaßnahmen wurden nötig", berichtet Jens Gebauer von der HSRW im neuen "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2018", der seit wenigen Tagen im Buchhandel ausliegt.

Gebauer erzählt in seinem Beitrag von der Studentin aus Frankreich, die in Kleve Stressversuche mit dem alten Baum macht, erzählt von den "Bonsai-Baobab-Bäumchen", die es in der Tropenkammer nach den "Rettungsschnitten" noch gibt, von den Produkten, die in Kleve in der HSRW entwickelt werden, um die Vermarktung des Baums und seiner Früchte interessanter zu machen.

Mit dem Bericht des Vizepräsidenten der Hochschule kommt die Gegenwart mit Blick auf die Zukunft in den neuen Heimat-Kalender, der jetzt im Kreishaus vorgestellt wurde. Ansonsten schwelgt das Buch in Geschichten und Rückblicken, in Archäologie und Erinnerungen. Dass Gebauer hier schreibt und von der Arbeit in der Hochschule erzählt, zeigt außerdem sehr schön, wie Hochschule und Region schon nach wenigen Jahren miteinander verzahnt sind. Schade andererseits, dass von den großen Kulturinstitutionen Schloss Moyland, Museum Kurhaus Kleve und Museum Goch und ihren Projekten und Ausstellungen nichts im Kalender zu lesen ist. "Wir bedauern, dass die drei Museen nicht im neuen Kalender vertreten sind - obwohl wir sie angefragt haben", sagte bei der Vorstellung des 224 Seiten starken Buches Wilhelm Diedenhofen vom Redaktionsteam. Er ist Teil des Teams, das Jahr für Jahr den Kalender herausgibt. Neben Wilhelm Diedenhofen gehören Ursula Geisselbrecht-Capecki vom B.C.-Koekkoek-Haus, die Archivare Hans-Joachim Koepp und Bert Thissen und nicht zuletzt Wiltrud Schnütgen zu diesem Team. Im Hier und Jetzt verweilt auch Kleves Stadtarchivar Bert Thissen, der wieder die "Chronik des Klever Landes" zusammenstellte, die aufzeigt, was zwischen Oktober 2016 und September 2017 alles so passiert ist.

Der größte Teil des im Mercator-Verlag erschienenen Buches widmet sich also der Vergangenheit. Da erzählt Hans-Joachim Koepp vom "bösen" Sperling, den schon Luther als schädlich und unkeusch empfand, im Gegensatz zu den frommen Vögeln Amsel, Drossel, Fink und Star. Also wurden sie gejagt, es gab Prämien für erlegte Spatzen und eine Sperlingssteuer für nicht erlegte Vögel, von der noch heute Listen über Sperlingsköpfe im Gocher Stadtarchiv berichten. Denn die abgerissenen Köpfe der heute so seltenen Gesellen namens Spatz wurden als Beweis abgeliefert. Asperheide musste damals für 80 zu wenig vorgelegte Spatzen-Köpfe sechs Taler und 16 Groschen Strafe abführen.

Von den klevischen Enklaven wie Zevenaar, Lobith oder Duiven berichtet Dirk Lueb und zeigt auf, wie schwierig es damals schon war, die katholischen Klever Preußen, nach 1816 in die evangelischen Niederlande zu integrieren. Willy Piron von der Radboud-Universität untersucht das Chorgestühl der Emmericher Kirche und ein sehr ausführlicher Bericht von Jens Wroblewski gilt der archäologischen Untersuchung des ehemaligen Minoritenklosters beim Neubau des Klever Rathauses, in der auch von den Essgewohnheiten der Mönche die Rede ist. Rüdiger und Monika Gollnick berichten von den polnischen Fallschirmjägern in Haldern und Norbert Mappes-Niediek von der Zeit, als 1968 auch am Niederrhein rebelliert wurde.

"Der Heimatkalender ist ein passendes Weihnachtsgeschenk für jeden Gabentisch", empfahl Landrat Wolfgang Spreen bei der Vorstellung. Zumal das Buch für 12,90 Euro ein Stück verlässliche wie unterhaltsame Geschichte des Kleverlands bietet. Dann liegt der Baobab unterm Christbaum.

(mgr)
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