Niederrhein Agentur sucht Azubi-Talente

Niederrhein · Mit einer groß angelegten Kampagne richtet die Bundesagentur für Arbeit den Blick auf junge, zukünftige Auszubildende. "Ich bin gut" soll helfen, Talentprofile zu schärfen und Fähigkeiten zu entdecken.

Marcel* hat soeben die Realschule nach der zehnten Klasse erfolgreich beendet. Sein Zeugnis lässt sich ganz gut sehen. Ein paar Vierer sind zwar auch dabei, aber was soll's. Erstmal nichts tun, die Ferien genießen, mit den Freunden abhängen oder sich im Chat verabreden. Mehr Zukunftspläne hat der junge Schulabgänger noch nicht geschmiedet. Es kommt, was kommen muss: die Gretchenfrage, die der Arbeitsmarkt unweigerlich stellt. Wie es Marcel mit dem Traumjob hält, das weiß er gar nicht so richtig. Mechaniker will er nicht werden, Autos sind schmutzig, und Frisör werden mag er auch eher nicht. Auf der Spielkonsole hingegen mag er Autos schon. Stundenlang hat er sein Können bis ins höchste Level verfeinert.

Talente an der Spielkonsole

"Das ist durchaus ein Talent", sagt der Pressesprecher der Agentur für Arbeit, Michael Niel, und der geneigte Zuhörer stutzt erst einmal. Spielkonsole als Qualifizierungsmerkmal für einen Ausbildungsplatz? Dr. Peter Glück, Leiter der Agentur im Bezirk Wesel, nickt. "Es ist ja durchaus ein Talent, sich auf eine Sache zu konzentrieren und sie zur Perfektion zu bringen", so der Agenturchef. Es gelte, das Selbstbewusstsein der angehenden Azubis zu stärken, sie zu motivieren, oder wie Glück es nennt: "Die Gewissheit ,Ich kann was' wirkt sich äußerst positiv auf den Berufswahlprozess aus." Da liegt nämlich schon häufig der Hase im Pfeffer. "Mittlerweile gibt es rund 350 Ausbildungsberufe", weiß Michael Niel zu berichten. In diesem Wirrwarr von Möglichkeiten den Überblick zu wahren und das noch in konkreten Zusammenhang mit den eigenen Neigungen zu bringen – schier unmöglich.

An dieser Stelle kommt die Agentur mit ihrer neuen Kampagne "Ich bin gut" ins Spiel. Sonja Bazzanella-Gruschka, Berufsberaterin in der Agentur, ist ganz nah dran an den Jugendlichen. Gemeinsam mit ihnen entwickelt sie nicht weniger als eine erste Zukunftsperspektive. Mit viel Empathie begleitet sie ihre Schützlinge, im Idealfall bis hinein in ein Ausbildungsverhältnis. In vielen Gesprächen schärft sie das Profil des Schülers heraus. Ein wenig erinnert das an Sozialarbeit, gar nicht an trockene Berufsberatung aus grauer Vorzeit. "Das ist das Thema der nächsten Jahre", sagt Glück, der für den Kreis Kleve eine insgesamt positive Entwicklung auf dem Stellenmarkt für junge Leute sieht. "Auch mit über 20 hat man noch Chancen auf einen Ausbildungsplatz", beschreibt er die Auswirkungen des demographischen Wandels. Die Eltern der Schüler werden von der Agentur in die Gespräche mit eingebunden. Nachhaltigkeit statt Effekthascherei – das Konzept geht auf. Das merkt Bazzanella-Gruschka an der Basis ganz besonders. *Name geändert

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort