Kreis Kleve/Krefeld A55 - die Autobahn, die es nie gab

Kreis Kleve · In den 1970er Jahren existierten Pläne, in denen eine Bundesautobahn 55 vorgesehen war. Über viel mehr als Kartenskizzen ist die Strecke nie hinaus gekommen. Sie hätte die heutige A 57 entlasten und Krefeld umgehen sollen.

 Blick auf die Bundesstraße 9 bei Geldern. Die westliche Umgehung Gelderns ist das einzige Teilstück der einst geplanten A 55, das zumindest zweispurig verwirklicht wurde.

Blick auf die Bundesstraße 9 bei Geldern. Die westliche Umgehung Gelderns ist das einzige Teilstück der einst geplanten A 55, das zumindest zweispurig verwirklicht wurde.

Foto: Gerhard Seybert

"Die Verkehrslage: Auf der A 55 zwischen dem Dreieck Uedem und der Anschlussstelle Kevelaer herrscht ein Kilometer Stau wegen einer Baustelle" - so könnte es heute im Radio zu hören sein, wenn Pläne aus den 1970er Jahren Realität geworden wären. Damals, 1976, war im Bundesverkehrswegeplan eine in Planung befindliche Bundesautobahn mit der Nummer 55 zu finden. Über Kartenskizzen kam dieses Vorhaben nie hinaus.

Auch Norbert Cleve, Sprecher der Autobahnniederlassung des Landesbetriebes Straßen NRW in Krefeld, kann auf Anhieb nichts mit dieser Autobahn anfangen. "Ich bin ja nicht erst seit gestern für den Betrieb tätig", sagte er auf Anfrage unserer Zeitung, "aber von einer Autobahn 55 ist mir nichts bekannt." Er versprach, im Archiv danach zu suchen. Gefunden habe er dort nichts, versicherte er später.

Das mag daran liegen, dass die A 55 nur eine kurze Karriere in den Verkehrsplanungen hatte. 1972 tauchte sie im Bundesverkehrswegeplan noch gar nicht auf. Dabei hatte das Bundesverkehrsministerium schon damals hohe Ziele und brachte den Ausbau des Autobahnnetzes in großen Schritten voran. Gemessen am heutigen Verkehrsaufkommen war dieser Ausbau auch notwendig, denn in den 70ern existierten am unteren Niederrhein nur die heutige A 3 und die A 40. Die A 57, die bis zur neuen Nummerierung der Autobahnen im Jahr 1975 noch A 14 hieß, wurde in mehreren Abschnitten erst bis 1986 fertiggestellt. Die noch nicht vorhandene A 57 sollte durch die A 55 entlastet werden. Im Bundesverkehrswegeplan 1976 wird eine weitere Funktion der geplanten Autobahn deutlich: Ausgehend von der A 4 südwestlich von Köln führte die Trasse der A 55 weiter nördlich zwischen Mönchengladbach und Krefeld.

Damit hätte sie diese Großstädte als Umfahrung entlastet. Etwa zwischen Tönisberg und Aldekerk hätte sich die A 55 mit der A 40 gekreuzt und wäre dann im weiteren Verlauf westlich um Geldern herum bei der heutigen Anschlussstelle Uedem in die A 57 gemündet. Nach den Plänen von 1976 wurde aber schon bald klar, dass die A 55 wohl für lange Zeit - und letztlich für immer - ein Projekt bleiben sollte. Norbert Cleve von Straßen NRW vermutet: "Am Ende dürfte der Bau dieser Autobahn daran gescheitert sein, dass dafür keine Finanzmittel vorhanden gewesen waren."

Auch der Protest gegen Autobahnneubauten nahm bundesweit zu. Cleve fühlt sich durch den "Straßenbaubericht 1980", der als Drucksache beim Deutschen Bundestag zu finden ist, bestätigt. Darin ist von einem bereits "gut ausgebauten Netz" die Rede und davon, dass Substanzerhaltung Vorrang vor Investitionen habe. Als Autobahn, die mehr oder weniger parallel zur im Bau befindlichen A 57 verlief, hatte das Projekt A 55 keine Zukunft mehr.

Einzelne Abschnitte blieben aber unter der "Dringlichkeitsstufe I" erhalten und wurden seit den 1980er Jahren auch verwirklicht. Zu diesen Abschnitten, die im Plan ursprünglich Teilstrecken der A 55 gewesen wären, gehören die B-9-Umfahrung von Geldern und am südlichen Niederrhein die kurze A 540 von Jüchen vorbei an Grevenbroich nach Rommerskirchen.

Auch der Frankfurter Henning Maruhn, der die Internetseite "autobahn-online.de" betreibt, hat sich mit der Geschichte der A 55 auseinandergesetzt. Auf seiner Internetseite ist sogar eine Liste der Autobahn-Ausfahrten der A 55 zu finden. Darin finden sich das Kreuz Uedem und die Anschlussstellen Kevelaer, Geldern, Kerken und das Kreuz Kempen. Zur planerischen Ausarbeitung von Autobahn-Ausfahrten ist es aber nie gekommen. Maruhns Auflistung ist ein einziger Blick in die Glaskugel. "Ich habe nur geschaut, wo solche Anschlussstellen anhand der vorhandenen Landes- und Bundesstraßen logisch gewesen wären", erklärt er.

(buer)
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