Niederländer kaufen in Deutschland Päckchen Tabak teurer als drei Kisten Bier

Kleve/Nimwegen · Rauchen wird in den Niederlanden künftig noch teurer. So wird ab April ein mit 50 Gramm gefülltes Päckchen Drehtabak mehr als 18 Euro kosten. Die Händler im Kreis Kleve dürften davon profitieren.

Ron Wolf führt ein Tabakgeschäft in Nimwegen. Für einen Kunden öffnet er  kurz die Schranktüren hinter der Theke. Danach muss er sie schnell wieder verschließen. In den Niederlanden dürfen Zigaretten und Werbeschilder in den Läden nicht mehr zu sehen sein.  RP-Foto: mvo

Ron Wolf führt ein Tabakgeschäft in Nimwegen. Für einen Kunden öffnet er  kurz die Schranktüren hinter der Theke. Danach muss er sie schnell wieder verschließen. In den Niederlanden dürfen Zigaretten und Werbeschilder in den Läden nicht mehr zu sehen sein. RP-Foto: mvo

Foto: Markus van Offern (mvo)

Im Laden von Ron Wolf (64) werden Zeitschriften, Süßigkeiten, Bücher oder Spielzeug-Artikel angeboten. Sein Geschäft liegt in Nimwegen und gehört zu der Primera-Kette. Sie ist der größte Anbieter von Tabakwaren in den Niederlanden. Doch ist bei Wolf nichts zu sehen, was auf eine Schachtel Kippen hinweist. „Seit 2021 müssen wir alles in Schränken verstecken, was mit irgendwie dem Rauchen zu tun hat“, sagt der 64-Jährige. Der Verkauf von Tabakwaren spiele mittlerweile eine untergeordnete Rolle. Ein paar Stammkunden seien ihm geblieben, Raucher besorgten sich ihre Ware schon lange in Deutschland. Bei dem Preisunterschied kann Wolf nicht mithalten – und die Aussichten werden nicht besser: Am 1. April hebt die niederländische Regierung die Tabaksteuer weiter an.

Aktuell kostet ein Päckchen 50-Gramm-Drehtabak der Marke Van Nelle 15,40 Euro. „In knapp zwei Monaten werden es dann bei etwa 18,50 Euro sein“, sagt Wolf. Van Nelle ist eine der teuersten Sorten. Bei Niederländern steht der wesentlich günstigere Tabak der Marke Look Out hoch im Kurs. Derzeit noch für 12,60 Euro im Angebot. Nach der Erhöhung liegt der Preis dann bei knapp 16 Euro. Ein Vergleich zu Deutschland: 7,50 Euro stehen hier derzeit auf der Banderole. Dieselbe Packung ist damit mehr als doppelt so teuer.

 Der Klever Ingo Marks und seine Mitarbeiterin Kaja Kromwyk in einem seiner acht Zeitschriften- und Tabakwarengeschäfte.

Der Klever Ingo Marks und seine Mitarbeiterin Kaja Kromwyk in einem seiner acht Zeitschriften- und Tabakwarengeschäfte.

Foto: Janssen, Peter

Der Klever Ingo Marks (42) kennt sich im Geschäft mit Tabak und Zigaretten aus. Mittlerweile führt er acht Läden. Alle in Grenznähe. Bereits jetzt kaufen ihm Niederländer die Regale schnell leer. Vor allem die Niederlassung in Kranenburg sorgt für einen guten Umsatz. Ab April dürfte der weiter steigen.

Und so kann es passieren, dass ab April in den Niederlanden ein Päckchen Tabak teurer sein wird als drei Kästen Bier. Zugegeben: Das hängt ganz von der Sorte ab. Aber je nach Angebot ist ein Kasten schon für unter 6 Euro zu bekommen. Und im zweiten Quartal 2024 hebt Den Haag die Steuer für Tabak weiter an. Der Päckchenpreis wird im Vergleich zu dem aktuellen dann um sieben Euro gestiegen sein.

Der Verkauf von Tabak jenseits der Grenze lohnt sich schon lange nicht mehr. Paul Fransman führt eine Tankstelle in Ven-Zelderheide direkt hinter der Grenze bei Grunewald. Er hat noch Zigaretten im Angebot. „Die werden hier aber kaum gekauft“, sagt Fransman und zieht eine Packung Marlboro aus dem Regal. „Hier steht es – 20 Stück für 8,20 Euro“, sagt er. Aussortieren kann er die Genussmittel nicht: Die Tankstelle gehört zu einer Kette, das Sortiment bestimmt der Konzern.

In Deutschland liegt der Preis für die 20-Zigaretten-Packung ebenfalls bei 8,20 Euro. Kommt in den Niederlanden die Tabaksteuer am 1. April drauf, zahlt der Raucher dort 9,50 Euro. Das sind 1,30 Euro mehr pro Schachtel. Am 1. April 2024 steigt der Preis um noch einmal 1,20 Euro und liegt dann bei 10,80 Euro. Was dabei noch nicht eingerechnet ist, sind die Zuschläge der Tabakindustrie. Großzügig Zigaretten verschenken, wird dann teuer.

Eines der acht Geschäfte von Ingo Marks liegt am Elsa-Brunnen an der Großen Straße in Kleve. Niederländer, die in der Stadt zum Bummeln unterwegs sind, decken sich hier mit Ware ein. Nicht selten übersteigt die Menge einen Wochenbedarf. Besonders gefragt sind die Tabak-Boxen mit einem Inhalt von 245 Gramm. Der Preis beträgt 49,95 Euro. Etwa 540 Zigaretten lassen sich aus dem geschnittenen Tabak herstellen. Als eine Niederländerin den Laden betritt, lässt sie sich gleich drei der Plastik-Trommeln einpacken. „Wer raucht und an der Grenze wohnt, der kauft in Deutschland. Wir sprechen uns auch in der Nachbarschaft ab und bringen uns gegenseitig Zigaretten und Tabak mit“, sagt die 55-Jährige aus Nimwegen.

In den Niederlanden ist Tabak nicht nur teuer. Auch werden die Verkaufsstellen immer weniger. Lidl hat seine Geschäfte bereits zu „Nichtraucher“-Filialen erklärt. Die niederländische Regierung baut darauf, dass mehr Supermarktketten dem Schritt folgen. Ab 2024 dürfen Tabakwaren nur noch an Tankstellen, in Zeitschriften-Geschäften und Shops mit einer extra Tabakverkaufslizenz angeboten werden. Der Onlinehandel ist seit Anfang des Jahres verboten. 2021 mussten Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Zigarren und E-Zigaretten aus dem Sichtfeld der Verkaufsstellen entfernt werden.

Noch hat Ron Wolf die Hoffnung auf steigenden Umsatz nicht aufgegeben. Grund ist das bevorstehende Verkaufsverbot in den Supermärkten. „Davon könnten wir profitieren“, sagt er. 20 Jahre war Wolf alt, als er mit dem Verkauf von Tabakwaren begonnen hatte. Sein Vater und Großvater standen ebenfalls schon hinter der Theke und reichten Kunden Zigarettenschachteln an. „Der Preisunterschied war nie so groß wie jetzt“, sagt der 64-Jährige.

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