Kleve 17 Päckchen voller Blüten

Kleve · Am zweiten Verhandlungstag im Fälscherprozes gegen den Wirt von "Il Nido" streiten die Anwälte lange um die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Dann präsentiert Richter Jürgen Ruby einen Karton, der als Beweis schwer wiegt.

 Falschgeld im Wert von 110 000 Euro fiel in die Hände der Polizei – Geld das laut Staatsanwaltschaft nach Kleve gebracht werden sollte.

Falschgeld im Wert von 110 000 Euro fiel in die Hände der Polizei – Geld das laut Staatsanwaltschaft nach Kleve gebracht werden sollte.

Foto: dapd

Die Geldscheine, die auf dem Richtertisch im Saal 110 des Landgerichts Kleve liegen, haben eine weite Reise hinter sich. Ein der Polizei nicht bekannter Fachmann hat sie in einer Werkstatt bei Neapel gedruckt. Verteilt auf 17 Päckchen wurden sie anschließend unter die Rückbank eines gemieteten 3er BMW gepackt. Doch ihr Ziel, das Restaurant "Il Nido" in Kleve, erreichten sie nicht. Am 22. Oktober 2010 fielen sie um 0.50 Uhr auf dem Parkplatz Fürholzen (an der A9 bei München) in die Hände der Polizei.

Hologramm kippt

Und nun, nur knapp zwei Kilometer vom "Il Nido" entfernt, erläutert in der Schwanenburg ein 54 Jahre alter Kriminalhauptkommissar des bayerischen Landeskriminalamtes relativ gnadenlos, welche Mängel die Druckerzeugnisse aufweisen: "Das Hologramm kippt nicht, der Sicherheitsfaden ist nur sehr schwach angedeutet und aufgedruckt." Es sind 17 Päckchen mit Falschgeld im Wert von knapp 110 000 Euro, die Jürgen Ruby, der Vorsitzende Richter der Strafkammer, am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen den Wirt des Restaurants "Il Nido", seinen Koch sowie zwei weitere Italiener auf seinem Tisch ausbreitet. Falschgeld, mit dem der in Finanznöten steckende Edelgastronom aus Kleve gemeinsam mit seinen Mitstreitern nach Ansicht der Anklage das große Geld machen wollte.

Der Plan ging schief, nachdem die Polizei durch einen Zufall davon erfuhr, dass Placido P., der Wirt, sein Glück mit Blüten versuchte, und eine Vertrauensperson auf ihn ansetzte. Der Traum vom schnellen Reibach zerplatzte, die Schulden sind geblieben, das Restaurant ist geschlossen — und den vier Angeklagten drohen langjährige Haftstrafen.

Kein Wunder, dass die Verteidigung gestern alles versuchte, die Glaubwürdigkeit der Vertrauensperson zu erschüttern. Ein sogenannter "Führer" bei der Polizei in Krefeld schilderte, wie das Geschäft angebahnt wurde. Eine Stunde lang nahmen die vier Strafverteidiger den Beamten in die Mangel und versuchten, aus kleinen Unstimmigkeiten Honig zu saugen.

Nachdem Jürgen Ruby nach der Mittagspause zunächst die zwei Beamten vernahm, die die Falschgeldkuriere aufgriffen, holte er dann das Paket mit dem Falschgeld aus dem Nebenraum. Auch wenn der LKA-Experte die Qualität der Fälschungen durchaus kritisch beurteilte, bleibt angesichts des nächtlichen Funds auf dem Autobahnparkplatz die Gewissheit, dass der Wirt und seine drei Kuriere zumindest einmal in geschäftlicher Verbindung mit Menschen standen, die das Falschgeldgewerbe in großem Maßstab betreiben. Denn: "Bei den sichergestellten Banknoten handelt es sich um europaweit auftretende Fälschungen", so der Fachmann. Der Prozess wird am Montag, 11. Juli, 10 Uhr, fortgesetzt.

(RP)
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