Kultur in Weeze So war der Abend mit Jens Neutag in der Alten Schmiede

Weeze · Der Comedian nahm die Zuschauer mit auf eine spannende Reise. Dabei ging es auch um sehr sozialkritische Themen. Das Publikum war auf jeden Fall begeistert.

 Jens Neutag kommt ins Emmericher Stadttheater.

Jens Neutag kommt ins Emmericher Stadttheater.

Foto: Olli Haas

In einem Camouflage-Anzug inklusive Krawatte kam er auf die Bühne. Jens Neutag, eine Erscheinung von der ersten Sekunde an. Der Kabarettist, Autor, Schauspieler und Regisseur bescherte seinem Publikum in der Alten Schmiede in Weeze einen Abend, an dem es lachen konnte, aber auch grübeln. Geschickt spannte er mit einer Geschichte über ein gewonnenes, 48-stündiges Survivaltraining in der Rhön den Bogen zu wichtigen sozialkritischen und politischen Themen. Dabei berichtete er von seinen eigenen Erfahrungen, dass man zum Beispiel nie Anzüge online bestellen sollte und welche Lehren er daraus gezogen habe. Als Zuhörer fühlte man sich nicht moralisch belehrt, sondern eher beraten.

Seine Art, die skurrilen Dinge des Lebens zu beschreiben, war so lebendig, dass man die Bilder quasi direkt vor seinem geistigen Augen sehen konnte. Ein Beispiel: das Phänomen der Hauseigentümer mit handtuchgroßem Garten. Da wird gerne das eigene Gemüse angepflanzt, was aber nicht so gut gedeiht, weil im Nachbargarten ein überdimensionales Trampolin steht und alles in den Schatten stellt. Besonders emotional wurde es bei dem Thema Pflegekräfte und Erzieher. Neutag hat selbst Soziologie, Politik und Erziehungswissenschaften studiert. In Person eines Survialtrainingsteilnehmers sprach er darüber, was eine Pflegekraft für Hygieneleistungen (zum Beispiel alles rund um das Thema Ausscheidungen) abrechnen darf. Das seien dann 5,71 Euro. Dem gegenüber stellte er die Summe von rund 450 Milliarden Euro, die der börsennotierte Betreiber Korian für seine Altenheime einnehme und gab so einen Einblick in die Verhältnisse zwischen Kapitalismus und sozialer Verantwortung.

Kurz vor der Pause wurde dem Publikum noch schwere Kost geboten. Es ging um die Verantwortung eines Soldaten, der die „deutsche Sicherheit am Hindukusch“ verteidigt hat (Zitat von Peter Struck). Er überlebte, verlor allerdings einen Arm und kann seitdem keine Nacht mehr schlafen, weil er in seinen Albträumen die gefallenen Kameraden sieht, für die er verantwortlich war. Diese Verantwortung würde er gerne zurückgeben. Die Pause war nötig, um einmal tief durchzuatmen.

Im zweiten Teil zog die „Survivaltruppe“ weiter durch die Rhön, und das Publikum lernte den „großen Wumpumpel“ kennen. Ein Synonym für die vielen Verschwörungstheorien, die so herumgeistern. Ein amüsanter Fingerzeig auch in Richtung der sozialen Medien. Als sich die Survivaltruppe dem Ende des Abenteuers nährte, stellte sie erstaunt fest, dass ja alle die gleichen Klamotten tragen. Eine Ausstattung, die für eine Polarexpedition ausreichen würde, die aber in Wirklichkeit nur einem Regenschauer erleben wird.

Das Schlusswort aber hatte ein Fuchs aus dem Wald. Er beobachtet die Menschen schon sehr lange und versteht so einige Dinge nicht: „Warum fahrt ihr Eure Kinder mit einem SUV bis ins Klassenzimmer, damit die dann freitags auf eine Fridays-for-Future-Demo gehen können?“

Das Publikum applaudierte begeistert und nahm an diesem Abend sicherlich eine Menge Denkanstöße mit nach Hause.

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